Der Blick in das Buch „Zeitansagen“ von Markus Meckel, das ist Ansage und Zeitreise zugleich.
Von Frank Bürger
Als Teilnehmer der Verhandlungen über die deutsche Einheit setzte er sich mit Nachdruck für die endgültige Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als deutsch-polnische Grenze ein. Aber auch die Zeit danach ist geprägt durch die Annährung der benachbarten Länder, in dem beide gemeinsam die Mitte Europas bilden sollten.
In einer Laudatio betonte der SPD-Bundestagsabgeordnete und Vorstandsvorsitzende der Deutsch-Polnischen Gesellschaft, Dietmar Nietan: „Markus Meckel ist jemand, der mit einer besonderen Überzeugung für die Freiheit in Europa kämpfte, weil er sich selber immer in die Ideengeschichte einer europäischen Freiheit gestellt hat.
Für mich persönlich gab es in diesem Zusammenhang zwei wichtige Begegnungen mit Markus Meckel. Mit Vehemenz setzte er sich für den Fall der deutsch-polnischen Grenze ein. Die kleine Grenzbrücke zwischen dem uckermärkischen Mescherin und dem polnischen Gryfino wird für mich ein wenig zum Symbol dieses Ringens. Die Gespräche waren intensiv und fruchtbar. Am 1. Mai 2004 gab es dort einen Grenzübergang ohne Kontrolle, eine wunderbare Feier. Die Brücke war frei für den Autoverkehr, Polen ein wichtiger neuer Teil des europäischen Staatengebildes.
Gemeinsam mit Dietmar Nietan gab es dann ein Wiedersehen im Zentrum freiheitlichen-liberalen Denkens auf Schloss Hambach. Am 17. November 2012 diskutierte er im Podium damals über die politische Situation in Mittel- und Osteuropa im Rahmen der Jahrestagung des Bundesverbandes der Deutsch-Polnischen Gesellschaft. Wichtiges Thema an historischer Stätte, sieht man die aktuellen Konflikte im Osten.
1832 wurde die Hambacher Schlossruine durch die viertägige Protestveranstaltung von etwa 30.000 Menschen zum Schauplatz demokratischer Bewegung. Noch dazu war der Protest grenzüberschreitend, auch viele Polen und Franzosen waren mit dabei.
Anlass war die Unzufriedenheit der pfälzischen Bevölkerung über Repressionsmaßnahmen der bayerischen Verwaltung. Diese hatte in den Jahren nach 1816 Errungenschaften zurückgenommen, die dem Volk in der Zeit der Besatzung durch Frankreich gewährt worden waren. Nachdem die bayerische Obrigkeit eine strenge Zensur eingeführt und politische Kundgebungen verboten hatte, gaben die Organisatoren die Veranstaltung als „Volksfest“ aus.
Seit jenen Tagen gilt das Hambacher Schloss als Sinnbild der Demokratie in ganz Deutschland.
Die vielen Begegnungen mit Markus Meckel auch im Rahmen der Kröchlendorffer Gespräche hinterlässt Spuren und gibt Impulse, sich für ein friedliches Europa einzusetzen und Mauern fallenzulassen.
„Zeitansagen“ hat Markus Meckel im Laufe seines Wirkens unzählige gemacht. Er war Pfarrerssohn, unbequemer Schüler und Wehrdienstverweigerer in der DDR, Pfarrer, Gründer der oppositionellen sozialdemokratischen Partei in der DDR, Außenminister der ersten frei gewählten DDR-Regierung, langjähriger Bundestagsabgeordneter und Außenpolitiker im vereinten Deutschland sowie schließlich Präsident des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.
Sehr offen spricht Markus Meckel in seinen Texten und Reden aus zwei Jahrzehnten über seinen ungewöhnlichen Lebensweg in der DDR und über die Zeit von Friedlicher Revolution und Deutscher Einheit. Er stellt unbequeme Fragen an unseren Umgang mit der wechselvollen Geschichte des 20. Jahrhunderts und plädiert mit Leidenschaft für eine durch und durch europäische Sichtweise auf Geschichte und Außenpolitik.
Immer wieder bleibt der Leser an verschiedenen Stationen stehen. Ich habe begonnen, noch einmal mir einen Gesamtüberblick zu schaffen oder Erinnerungen Raum zu geben, ein Weg zur Zeitenreise.
Das Geleitwort zum Buch hat die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth geschrieben, die auch auf Schloss Hambach mit zu Gast war. Gut gewählt. „In diesem Textband mit lebensphilosophischen und politischen Kernaussagen meldet sich ein aktiv suchender und kritisch fragender Christ und zugleich politisch denkender und handelnder Mensch zu Wort, ein Außenseiter, Außenminister in der ersten frei gewählten DDR-Regierung, Abgeordneter zunächst der ersten demokratischen Volkskammer, dann des Bundestages“, so Süßmuth.
„Denn ich will Wasser gießen auf das Durstige und Ströme auf das Dürre: Ich will meinen Geist auf Deinen Samen gießen und meinen Segen auf Deine Nachkommen.“ (Jes. 44,3) Mit biblischen Worten leitet Pfarrer Markus Meckel den Epilog ein. Es ist eine Predigt in der Berliner Zionskirche im Rahmen einer Gottesdienstreihe zum Thema Religion und Politik vom 28. September 2014. Hier kommt das zum Ausdruck, was in dem Buch zu erleben ist: Dankbarkeit für viele Begegnungen und für viele konstruktive Diskussionen. Er blickte 25 Jahre nach dem Fall der Mauer auf Staat und Welt zurück, stellt im Epilog dann fest: „Heute dagegen ist alles so kompliziert“. Am Ende macht Meckel deutlich: „Nicht wir sind die Macher…ER ist es, auf den es ankommt“, sagt er mit Blick auf Gott.