
Schwedt (fb) St. Petersburg im 18. Jahrhundert. Kaiserin Katharina die Große hält die Zügel fest in der Hand. Der Fokus des Ufa-Jubiläumsfilms „Münchhausen“, der in den letzten Kriegsmonaten in den noch vorhandenen deutschen Kinos lief, liegt natürlich auf einer „deutschen Regentin“ in dem Reich und der Stadt, mit der Adolf Hitler Krieg führte. Der Sieg Stalins ist nicht mehr abzuwenden, der grandiose Farbfilm, in dem der legendäre Hans Albers auf der Kanonenkugel reitend als Lügenbaron der Welt zuwinkt, ist ein kleines Zeichen der Hoffnung, aber vielleicht auch ein großes Erbe …
Zeitenreise…St. Petersburg, das sowjetische Leningrad, ist die Stadt, in der zwei Männer ihren Weg gemeinsam machen, unter dem Dach des KGB. Igor Setschin diente vier Jahre als Militärübersetzer in Angola und Mosambik, wieder in Leningrad arbeitete er im städtischen Amt für Außenkontakte – unter Putin, recherchiert die Berliner Zeitung. Putin war der Amtsleiter, Setschin sein Sekretär. Setschin saß am Tisch vor Putins Büro, nahm dem Chef Kleinkram und unangenehme Gespräche ab.
1996 wechselte Putin in die Präsidialverwaltung nach Moskau, Setschin folgte ihm. Putin wurde Präsident, Setschin stellvertretender Leiter der Kremladministration. „Setschin ist ein Teil der Gehirnzellen Putins“, sagte ein Minister 2004 der Zeitschrift „Time“. Mit Putin-Setschin im Kreml begann der Aufstieg Rosnefts. 2002 kaufte das eigentlich marode Staatsunternehmen die Ölfirma Sewernaja Neft, für 600 Millionen Dollar.
Michail Chodorkowskis, Chef des Ölkonzerns Jukos wurde etwas später festgenommen und als Steuerbetrüger verurteilt, die Jukos-Filetstücke landeten zum Schnäppchenpreis bei Rosneft.
Über die Krim nach Schwedt
Doch die Außenpolitik Wladimir Putins und der Krim-Anschluss an Russland schadeten dem Öl-Giganten. 2014 verhängte die Europäische Union Sanktionen gegen Russland, die nicht ohne Wirkung auf den Ölhandel blieben. Und in diesem Jahr setzte Rosneft nun Akzente, und zwar in der Uckermark. In der Heimatregion der Kanzlerin Angela Merkel weht ja sowieso die Weltluft aus Russland. Und dort, wo in der Nacht die „Friedensfackel“ den Himmel über Schwedt erhellt, schuf der Putin-Freund Setschin Tatsachen. Im Januar 2017 wurde das Unternehmen Mehrteilseigner der PCK-Raffinerie in Schwedt. Laut der eigenen Homepage ist Rosneft das drittgrößte Unternehmen in der Mineralölverarbeitung. Die verarbeitete Menge beträgt rund 12,5 Millionen Tonnen Rohöl pro Jahr; das sind mehr als 12 % der gesamten Verarbeitungskapazität in der Bundesrepublik. Am 29. September 2017 berichteten die Medien, dass Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder Aufsichtsrat beim russischen Öl-Giganten Rosneft wird. Ausführlich berichtete Zeitonline von diesem umstrittenen Geschäft. Die Kritik von außen war groß. Dass der russische Staatspräsident Wladimir Putin ein guter Freund von Schröder ist, bleibt unumstritten.
Großer Auflauf an der Oder
„Die PCK Raffinerie GmbH in Schwedt/Oder ist ein Glücksfall für die Uckermark und Brandenburg: 1.100 Beschäftigte, 100 Azubis, mehr als 2 Milliarden Euro Umsatz und ein Unterstützer u. a. von Kultur und Sport. Jetzt will Haupteigentümer Rosneft aus Russland mit rund 400 Millionen Euro richtig viel zusätzlich investieren, insbesondere zur Produktion umweltverträglicher Kraftstoffe. Damit ist der Standort zukunftsfest. Aber noch mehr: Es geht dabei auch um die deutsch-russischen Beziehungen. Wir müssen und wollen zusammenarbeiten im Interesse eines friedlichen Europas. Danke an Rosneft-Präsident Igor Iwanowitsch Setschin und Aufsichtsratchef Altkanzler Gerhard Schröder für den Besuch heute in Schwedt“, schreibt Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke auf seinem Facebook-Account.
Im Januar habe Rosneft die Vermarktung von Bitumen in Deutschland und in Nachbarländern gestartet, hieß es vom Unternehmen. Es werde nach der Produktion veredelt, dazu sei ein Vertrag mit einer Partnerfirma (Bitumina) geschlossen worden.
Die Unterzeichnung des Vertrags mit BITUMINA wird es Rosneft Deutschland ermöglichen, seine Produktpalette zu erweitern und Kunden aus Deutschland und anderen Ländern Bitumen aus eigener Produktion mit hoher Leistung anzubieten, ist auf der Homepageseite von Rosneft zu lesen.
Rosneft Deutschland hat das Bitumen-Produkt so angepasst, dass die Tests unter strengen russischen Klimabedingungen erfolgreich bestanden wurden und es widerstandsfähig gegen hohe Belastungen ist. Eine Besonderheit des Produkts ist seine hohe Elastizität und Verschleißfestigkeit. Die Asphaltmischungen mit dem Zusatz von Alfabit PMB erhöhen die Qualität des Belags erheblich. PMB Alfabit wurde unter anderem für die Straßenbeschichtung der Formel-1-Strecke in Sotschi eingesetzt.
Der Generaldirektor von Rosneft Deutschland, Brian Chesterman, sagte: „Wir freuen uns, dass der hart umkämpfte deutsche Markt unser Produkt, das auf einzigartiger modernster Technologie basiert, hoch bewertet hat. Die Vereinbarungen von Rosneft Deutschland und Bitumina ermöglichen uns die Bewerbung und entwickeln die Rosneft-Technologien in Deutschland und Europa im Allgemeinen weiter und sind ein wichtiger Schritt in der Strategie des Unternehmens, in den deutschen Markt für Erdölprodukte einzutreten. “
Der Vorstandsvorsitzende der Basalt-Actien-Gesellschaft als Muttergesellschaft von Bitumina, Peter Vos, sagte: „Wir freuen uns auf die zukünftige Zusammenarbeit mit der Rosneft Deutschland GmbH in Schwedt. Mit der neu gegründeten Partnerschaft nutzen wir die jeweiligen Stärken der Basalt AG und der Rosneft Deutschland GmbH und stärken damit den Standort Schwedt nachhaltig. “
Das bedeutet das Aufblühen eines Standorts mit einer bewegenden Geschichte, die durch die Raffinerie geprägt über die vergangenen Jahrzehnte geprägt war. Die DDR-Führung beschloss 1958 den Ausbau ihrer Grundstoffindustrie und bestätigte Schwedt an der Oder als Standort für das Erdölwerk. Der Bau des Werkes erfolgte mit dem Bau einer gemeinsamen Erdölleitung durch die damaligen sozialistischen Staaten innerhalb des Rats für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW), der sogenannten „Erdölleitung der Freundschaft“ (heute: Mineralölverbundleitung). Noch heute ist die Leitung aus dem Gebiet Tjumen mit über 5000 km die längste Pipeline der Welt. Der Grundstein für den Betrieb wurde am 11. November 1960 gelegt. Tausende von Arbeiter strömten nach Schwedt, die Bevölkerung wuchs rasant. Die Wende mit dem Rückbau der Stadt war eine spürbare Zäsur.
Nun gibt es wieder Impulse.
Schröder und Platzeck
Und Gerhard Schröder kam gemeinsam mit Igor Setschin an die Oder, um das Ausweiten des Netzwerkes zu besiegeln. Am Tag der Entscheidung der SPD-Genossen in Bonn feierte der Ex-Bundeskanzler in der Bundeshauptstadt seine neue Liebe zur Koreanerin Soyeon Kim, und zwar auf hohem Niveau, wie die Bildzeitung berichtet. Stationen waren unter anderem die Berliner Philharmonie und das Bode-Museum. Nach Schwedt kam er gemeinsam mit den Genossen Matthias Platzeck, Vorgänger von Dietmar Woidke, und Mike Bischoff, Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokraten im brandenburgischen Landtag. Immer wieder zeigte Platzeck die Verbundenheit zur Region, er heiratete in der Uckermark und hat dort auch ein Plätzchen, an dem er in der Weite des Landes Atem holen kann. Als Ministerpräsident des Landes Brandenburg war er von Juni 2002 bis August 2013 im Dienst und hatte von 2010 bis 2013 den Vorsitz der Deutsch-Russischen Freundschaftsgruppe im Bundesrat inne. Seit März 2014 ist er Vorsitzender des Vorstands beim Deutsch-Russischen-Forum e.V. Voraussichtlich am 20. Februar 2018 gibt es wieder ein Treffen in Moskau. Mit vor Ort ist auch Christoph Schneider aus Frankfurt (Main). Vor einigen Tagen besuchte er gemeinsam mit mir die Oderstadt. Er tritt dort als Bevollmächtigter des Vorstandes des Freundeskreises Heidelberg – Simferopol auf. Sein Ziel: Einen ersten deutschen Weihnachtsmarkt Simferopol umzusetzen und danach in allen russischen Städten, die Interesse haben…vielleicht auch Moskau…Moskau wäre ein Traum.
Die deutsch-russische Bewegung boomt…
Was das europapolitisch bedeutet, steht in den Sternen…
Beitrag: Frank Bürger