Bis Ihr am Klang zerschellt

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Berlin (fb) Das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus ist jedes Jahr ein besonderer Markstein in den deutsch-israelischen Beziehungen. Die Shoa, der brutale Mord an Millionen von Juden hat ihren eigenen Klang.

Der 26. Januar hat sich tief in die Herzen als Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus eingebrannt. Die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau und der beiden anderen Konzentrationslager Auschwitz durch die Rote Armee im letzten Jahr des Zweiten Weltkriegs gehört mit zu den Punkten, an denen wir stehenbleiben, Atemholen angesichts des Grauens, das wahrhaftig in den „Todesduschen“ im polnischen Oświęcim zur Hölle wurde.

Eine Hölle auf Erden … und immer noch, wenn man auf dem Gelände in das Krematorium geht, riecht man förmlich den Tod, höre ich das Schreien der bis in den Tod gepeinigten Seelen.
Die Fahrt von Jugendlichen aus Schwedt unter der Leitung des Vereins „Polnisch-Deutsche Standortentwicklung PoDeSt“ hatte es der Leitung möglich gemacht, Menschen mit dieser  Welt in Berührung zu bringen.
Es ist herzzerreißend, wenn sich dann dort immer noch junge Menschen vor den Todesbarracken locker eine Zigarette anzünden und so tun, als sei nichts geschehen. Aber auch das ist die Realität unserer Zeit und deshalb müssen Zeichen gesetzt werden, dass die Opfer unter der Herrschaft der Nazis nicht vergeblich waren.

Hier in der Berliner Region ist es die Gedenkstätte Sachsenhausen, die die Erinnerung an das Grauen wachhält.Kulturministerin Martina Münch stellt Axel Drecoll (43) als Nachfolger von Günter Morsch als Leiter der Gedenkstätte und des Museums Sachsenhausen und Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten vor.

Die 1993 gegründete Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten be-
treut die Gedenkstätten in den früheren Konzentrationslagern Sachsen-
hausen und Ravensbrück, im ehemaligen Zuchthaus Brandenburg-
Görden sowie die Erinnerungsorte an den Todesmarsch im Belower Wald und für die Opfer der Euthanasie-Morde in Brandenburg an der Havel.

Außerdem verwaltet sie treuhänderisch die Stiftung Gedenk- und Begegnungsstätte Leistikowstraße Potsdam. Das Land Brandenburg fördert die Arbeit der Stiftung in diesem Jahr mit rund 3,5 Millionen Euro.

Das Institut für Zeitgeschichte München – Berlin ist eine Stiftung des
Bundes und mehrerer Länder, darunter auch Brandenburg, das sich der
wissenschaftlichen Aufarbeitung der jüngeren deutschen Geschichte mit Fokus auf der nationalsozialistischen Herrschaft widmet. Neben Forschungsprojekten erstellt das Institut Gutachten für Gerichte und Behörden und bringt eigene Publikationen heraus.

Die ‘Dokumentation Obersalzberg‘ ist ein Lern- und Erinnerungsort zur NS-Zeit am historischen Ort des Führersperrgebiets Obersalzberg in Berchtesgaden.

Genau passend dazu laden der Rotary Club Berlin – Brandenburger Tor in Zusammenarbeit mit der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft am 26. Januar 2018 um 19.30 Uhr in den Französischen Dom zu einem Benefizkonzert mit Lesung ein.

Der Kartenvorverkauf hat bereits begonnen: 030 233 69 0 67.

 

Die Erzählung

Paul ist Pianist, verheiratet mit der Jüdin Sophie. Mit ihren Kindern Jakob und Hanne führen sie ein bescheidenes aber glückliches Leben. Bis die Synagogen brennen und Paul aufgefordert wird, sich von seiner jüdischen Frau zu trennen.
Paul widersetzt sich und verliert nach und nach alles: Er wird aus dem Orchester entlassen, erhält Unterrichtsverbot, kommt mehrfach für Wochen und Monate ins „Erziehungslager“. Bei einer Rückkehr von einem solchen Lageraufenthalt, sind seine Frau und die beiden Kinder verschwunden.​
Dass sie von einem Bauern vor der Deportation bewahrt und versteckt werden, weiß er nicht, und erfährt er auch nicht. Sieben Jahre lang. Eine Auseinandersetzung mit dem Dorf-Nazi bringt ihm eine Verurteilung zu Gefängnis und Zwangsarbeit ein.
Nach dem Zusammenbruch des Nazi-Regimes findet sich die Familie wieder. Doch das Glück des Überlebens ist getrübt. Pauls Hände, die Hände des Pianisten, sind von der Arbeit in einer Ledergerberei verätzt. ​
Stundenlang, tagelang sitzt er am Klavier, versucht unter Schmerzen zu spielen, mit verwundeten, nicht mehr heilenden Händen. Bis zur Erschöpfung. Und nach langem Schlaf erneut. Zwei Jahre lang. Dann nimmt er sich mit Gift das Leben.
Sophie, seine jüdische Frau, zieht die beiden Kinder alleine groß und lebt später im Haus und mit der Familie ihres Sohnes Jakob, wo sie 1976 stirbt. Still hat sie all die Jahrzehnte ihren jüdischen Glauben gelebt. Niemals hat sie auch nur ein einziges Wort davon erzählt, was damals geschehen war.
„Diese Erzählung ist eine Symphonie des Kampfes gegen den Abgrund. Ein Halleluja der Hoffnung im Anblick des Grauens. Schmerzhaft, nah und poetisch
wie es lang kein Text zu diesem bitteren Thema war.“

Das Programm

Werke, die Soheil Nasseri an diesem Abend spielt, sind Kompositionen, die dem Pianisten, dessen Schicksal die Erzählung nachzeichnet, besonders am Herzen lagen.
Die Klaviersonaten von Sergej Rachmaninov versuchte „Paul“ noch zu spielen, als seine verätzten Hände ihm keine Chance mehr dazu gaben.
Werke von Franz Schubert waren seine tägliche Liebeserklärung an seine Sophie.
Mit Viktor Ullmann verband ihn eine Freundschaft während dessen Stuttgarter Jahre und bis zu dessen Deportation und Ermordung im KZ.
Das Programm des Abends:
 
Sergej Rachmaninov     
Klaviersonate Nr.2, b-Moll, op. 36   (Auszug)
Prelude, G-Moll, op. 23
Franz Schubert              
Sonate, A-Dur, op.959 (2. Satz, 3. Satz)
Impromptu Nr.3, Ges-Dur
 
Sergej Prokofiew           
Romeo und Julia    (Auszug)
 
Franz Liszt
Liebestraum Nr.3, A-Dur
 
Viktor Ullmann              
Klaviersonate Nr. 7 (V), Notturno
Klaviersonate Nr. 6 (III)
 
Robert Schumann          
Fantasy (3. Satz)

Der Pianist

SOHEIL NASSERI lebt in Berlin. Die Musikkritik feiert ihn als eines der großen Talente. Sein außergewöhnlich ausdrucksstarker Stil und seine eigenwilligen Interpretationen viel gehörter Werke bringen ihn in Konzertsäle rund um die Welt.
„Consistently interesting. Consistently thoughtful. Filled with character“, schrieb die New York Times. Die Berliner Zeitung jubelte, und die führende italienische Zeitung La Repubblica erklärte ihn zum „neuen Star des klassischen Klavierspiels“.
Geboren in Santa Monica, Californien, als Sohn iranischer Eltern, erhielt Soheil Nasseri mit fünf Jahren erstmals Klavierunterricht. Mit zwanzig ging er nach New York und wurde Schüler von Karl Ulrich Schnabel und Jerome Lowenthal, der bis heute sein Lehrer und Mentor blieb.
Neben Konzerten unter anderem in Berlin, London, Dublin, Bukarest, Teheran, Tokio,
St. Petersburg, Montreal, hat Soheil Nasseri in New York, an der Carnegie Hall,
der Alice Tully Hall und dem Lincoln Center, seit 2001 insgesamt 21 Solokonzerte mit komplett unterschiedlichem Programm gegeben – ohne auch nur ein einziges Stück
zu wiederholen. Die Konzerte beinhalteten 27 Debüts von zeitgenössischen Kompositionen und 31 der insgesamt 32 Sonaten von Ludwig van Beethoven
Im Februar 2018 gibt Soheil Nasseri ein Konzert im Konzerthaus am Gendarmenmarkt in Berlin.

Der Autor

ARMIN HUTTENLOCHER begann seine Laufbahn als Journalist und arbeitet heute als politischer Berater und Vermittler, vornehmlich in Krisen- und Konfliktfällen. Er lebt in Berlin und in Tbilisi.
Nach zahlreichen journalistischen und essayistischen Veröffentlichungen ist die Erzählung Bis Ihr am Klang zerschellt sein literarisches Debüt. Die Erzählung ist seinen Kindern gewidmet und war nicht zur Veröffentlichung bestimmt.
Die aktuellen politischen Entwicklungen haben den Autor veranlasst, dies nun doch zu tun: „Was um uns herum geschieht, muss nachdenklich machen. Die Errungenschaften von Freiheit und Demokratie sind in Gefahr, wenn die Erinnerung an die Vergangenheit verblasst. Es ist Zeit, aufzustehen und dem ‚Nie wieder!‘ neue Klarheit und Entschiedenheit zu geben.“
Beitrag: Frank Bürger

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