Berlin. Das Buch von Matthias Platzeck mit dem Titel „Wir brauchen eine neue Ostpolitik“ ist mehr als lesenswert, es ist eine Darstellung internationaler Beziehung mit einem Ziel: Frieden in der Welt.
Von Frank Bürger
Über meinen Freund, den Frankfurter Unternehmer Christoph Schneider, über die Freunde aus dem russisch-orthodoxen Kloster St. Georg in Götschendorf bei Templin, habe ich mich intensiver mit der Geschichte Russlands beschäftigt.
Das Vorwort zum Buch von Schneider, der einen deutsch-russischen Weihnachtsmarkt initiieren will, schrieb Bernd Schmidbauer. Schon am 18. Dezember 1991 wechselte er als Staatsminister beim Bundeskanzler in das Bundeskanzleramt. Er war für die Koordination der deutschen Geheimdienste, Bundesamt für Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst und Militärischer Abschirmdienst, zuständig.
Er warf in dieser Zeit natürlich auch einen Blick gen Osten. Schmidbauer bezeichnete die Aktivitäten Schneiders als „Symbol des Friedens“. „Deshalb war es mir wichtig, diesen Weg aus der Ferne zu begleiten und immer wieder Ansprechpartner zu sein“, schrieb Schmidbauer.
Genau um diesen Frieden in Europa geht es Matthias Platzeck in seinem Buch „Wir brauchen eine neue Ostpolitik“. Seine Biografie spricht Bände und bedingt den Kontakt Platzecks nach Russland. Seine Wurzeln liegen in Potsdam. Sein Buch spricht von seinem frühen Engagement in der Umweltbewegung. Für Bündnis 90 / Grüne war er Abgeordneter der ersten frei gewählten Volkskammer und von 1990 bis 1998 Umweltminister. 1998 trat er in die SPD ein, die ihn zum Landes- und Bundesvorsitzenden wählte. 1998 bis 2002 war er Oberbürgermeister der brandenburgischen Landeshauptstadt und anschließend elf Jahre Ministerpräsident des Landes.
1999 lernte ich Platzeck in Potsdam kennen und verbrachte als Journalist viel Zeit mit ihm.
„Zwei Menschen haben mich über viele Jahre mit gutem Rat begleitet und immer wieder ermuntert, Wege der Versöhnung und friedlichen Zusammenarbeit mit Russland zu suchen. – Egon Bahr und Manfred Stolpe.“ Das schreibt Platzeck am Ende des Buches.
Der brandenburgische Landesvater Manfred Stolpe berichtete einst bei einer persönlichen Begegnung, wie die Blicke am 9. November 1989 auf den Grenzübergang Bornholmer Straße gingen. Ein Schuss dort hätte einen dritten Weltkrieg ausgelöst. Aber die Friedensbotschaft „Schwerter zu Pflugscharen“, das Zitat aus dem Prophetenbuch „Micha“ drückt das Ziel des Völkerfriedens durch weltweite Abrüstung und Rüstungskonversion aus. Ab 1980 wurde das Zitat zum Symbol staatsunabhängiger Abrüstungsinitiativen in der DDR, das auch Teile der westdeutschen Friedensbewegung übernahmen. Es war mit ein Auslöser der friedlichen Revolution, die Früchte trug und trägt, von der Platzeck auch in seinem Buch berichtet.
Es sind Szenen, die mich beschäftigen.
Im Buch schildert Platzeck auch die Bedeutung von Prinz Georg von Preußen als Vertreter des vormals regierenden Preußischen Königshauses.
Ein Ausflug in die Geschichte:
Mit Unterstützung des Ministeriums für Kultur der Russischen Föderation gab es im Rahmen des Programms des internationalen Kulturprojekts „Russische Jahreszeiten“ am 1. November 2019 in Deutschland, in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin, das Konzert „Märtyrer des XX Jahrhunderts“, das dem 155. Jahrestag der Geburt der Großfürstin Elisabeth Fjodorowna Romanowa, gebürtige deutsche Prinzessin von Hessen-Darmstadt, die in der russisch-orthodoxen Kirche heiliggesprochen wurde, und allen unschuldigen Opfern von Tyrannei, Gewalt und Kriegen des XX. Jahrhunderts gewidmet ist.
Hausherr Pfarrer Martin Germer durfte viel Prominenz dazu begrüßen.
Für die Völkerverständigungen warben unter anderem Prinz Georg von Preußen, der Ministerpräsident a.D. der Russischen Föderation Sergej Stepaschin, dem Botschafter der Russischen Föderation in Deutschland Sergeij Netschajew , Irmgard Fellner als Stellvertreterin des deutschen Außenministers Heiko Maas und dem Erzbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Russland Dietrich Brauer sowie Barbara Deml, landeskirchliche Pfarrerin für Ökumene und Weltmission und stellvertretende Direktorin des Berliner Missionswerks.
Inzwischen lebt das Oberhaupt der Hohenzollern in Potsdam-Babelsberg, wie Matthias Platzeck auch. Platzecks zweiter Wohnsitz befindet sich in der Nähe des Klosters St. Georg in Götschendorf.
Das Haus Hohenzollern hat damit auch eine neue Heimat: Nach Zeitungs-Informationen ist die „Generalverwaltung des vormals regierenden preußischen Königshauses“ von Berlin nach Potsdam übersiedelt. Ihr Sitz ist nun in einer sanierten Villa an der Ecke Bertha-von-Suttner-Straße und der Straße Am Neuen Garten.
Am 19. März 2014 übernahm Platzeck nach erfolgreicher Kandidatur und einstimmiger Wahl auf der Mitgliederversammlung den Vorsitz des Deutsch-Russischen Forums e. V.
Wichtig für das deutsch-russische Miteinander ist auch der Petersburger Dialog, den Platzeck anführt.
Dieser wurde im Jahr 2001 vom damaligen deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin ins Leben gerufen. Der Name des Gesprächsforums bezieht sich auf den ersten Veranstaltungsort Sankt Petersburg in Russland.
Als Alternative und Ergänzung zum Petersburger Dialog haben der russische Dumaabgeordnete Wladimir Ryschkow und die Parlamentarierin Dr. Herta Däubler-Gmelin das Jugendforum des Petersburger Dialogs ins Leben gerufen. Inzwischen hat sich das Forum als zweiteiliger Konferenzzyklus etabliert. Die Begegnungen finden je eine Woche lang in Russland und die zweite im Abstand von einem Jahr in Deutschland statt. Mehrere Institutionen sind an diesem Projekt beteiligt; gefördert wird es maßgeblich von der Robert-Bosch-Stiftung und der Friedrich-Ebert-Stiftung Moskau.
Auf den Konferenzen werden jeweils mehrere Themengebiete vor dem Hintergrund der jeweiligen Situation in den einzelnen Ländern betrachtet. Im Jahr 2006 in Barnaul im sibirischen Altaigebirge waren beispielsweise der Bologna-Prozess, Arbeitsmarktprobleme aus europäischer Perspektive und Umweltpolitik einige der Themen. Die polnischen, russischen und deutschen Teilnehmer berichten dabei jeweils aus ihrer Perspektive, im Anschluss wurde gemeinsam diskutiert.
Ich hatte das Glück den Studenten aus Barnaul damals gemeinsam mit Herta Däubler-Gmelin aus Barnaul auf Schloss Wartin begegnet zu sein.
Eine weitere wichtige internationale Austauschnote sieht Platzeck auch im „Weimarer Dreieck“. Um das deutsch-französisch-polnische Gesprächsforum Weimarer Dreieck war es in letzter Zeit ruhig geworden. Doch mit Bildung der neuen Bundesregierung scheint eine Renaissance des trilateralen Begegnungsrahmens bevorzustehen. Der neue Bundesaußenminister Heiko Maas und Bundeskanzlerin Angela Merkel betonten bei ihren Antrittsbesuchen in Warschau als Ziel, das Weimarer Dreieck wiederzubeleben.
Auch kulturell werden hier Akzente gesetzt. Hier sind für mich die Linien zwischen Schwetzingen, Luneville und Potsdam bemerkenswert, auch in historischer Hinsicht.
Die „Musikfestspiele Potsdam Sanssouci“ nehmen nun Voltaires „weltumspannende Road Movie“ „Candide“ als kulturelles Symbol für das „Weimarer Dreieck in ihr Programm für das kommmende Jahr auf. Es liest der erfahrene Kulturkenner Potsdams Klaus Büstrin. Im Potsdamer Filmmuseum improvisiert Johannes Lang an der Welte-Kinoorgel im kapriziösen Streifzug durch die Musikgeschichte.
Das Buch von Matthias Platzeck gibt noch viel mehr Einblicke in eine so wertvolle Beziehung, er erläutert zudem die Probleme im Zusammenspiel der Weltmächte.
Die Impulse zum Nachdenken und zum Recherchieren sind sehr wertvoll.