Auf den Spuren Dietrich Bonhoeffers

200409 Bonhoeffer
Unterwegs im Bonhoeffer-Haus in Friedrichsbrunn. Foto: Joanna Bürger

 

Auf ein Wort: Heute vor 75 Jahren starb Dietrich Bonhoeffer im Konzentrationslager Flossenbürg. Wir gehen auf Spurensuche:

Wer bin ich? Sie sagen mir oft,

ich träte aus meiner Zelle

gelassen und heiter und fest,

wie ein Gutsherr aus seinem Schloß.

Wer bin ich? Sie sagen mir oft,

ich spräche mit meinen Bewachern

frei und freundlich und klar,

als hätte ich zu gebieten.
Wer bin ich? Sie sagen mir auch,

ich trüge die Tage des Unglücks

gleichmütig lächelnd und stolz,

wie einer, der Siegen gewohnt ist.
Bin ich das wirklich, was andere von mir sagen?

Oder bin ich nur das, was ich selbst von mir weiß?

Unruhig, sehnsüchtig, krank, wie ein Vogel im Käfig,

ringend nach Lebensatem, als würgte mir einer die Kehle,

hungernd nach Farben, nach Blumen, nach Vogelstimmen,

dürstend nach guten Worten, nach menschlicher Nähe,

zitternd vor Zorn über Willkür und kleinlichste Kränkung,

umgetrieben vom Warten auf große Dinge,

ohnmächtig bangend um Freunde in endloser Ferne,

müde und leer zum Beten, zum Denken, zum Schaffen,

matt und bereit, von allem Abschied zu nehmen?
Wer bin ich? Der oder jener?

Bin ich denn heute dieser und morgen ein andrer?

Bin ich beides zugleich? Vor Menschen ein Heuchler

Und vor mir selbst ein verächtlich wehleidiger Schwächling?

Oder gleicht, was in mir noch ist, dem geschlagenen Heer,

das in Unordnung weicht vor schon gewonnenem Sieg?
Wer bin ich? Einsames Fragen treibt mit mir Spott.

Wer ich auch bin, Du kennst mich, Dein bin ich, o Gott!

 

Dietrich Bonhoeffer

 

Berlin Heute gehen wir mit Viktor Weber auf Spurensuche nach Dietrich Bonhoeffer,  es gibt Familientipps, Leon Tscholl improvisiert über einen Choral, es läuten die Glocken der evangelischen Paul-Gerhardt-Kirche in Berlin-Prenzlauer Berg., eine Musikempfehlung über YouTube für Jugendliche kommt von Jürgen Lindner, dem Stiftskantor des Evangelischen Johannesstifts in Berlin,  und  es gibt eine Buchempfehlung und einen Filmtipp und Impulse aus dem Evangelischen Johannesstift Berlin. 

Von Frank Bürger

 

Hier noch einige Worte von Pfarrer Weber:

Heute an Gründonnerstag erinnern sich Christinnen und Christen normalerweise an das letzte Mahl Jesu mit seinen Jüngern, die Nacht, in der er verraten wurde. Doch dieses Mal können wir das Mahl nicht wie gewohnt feiern. Uns wird ein Opfer aufgezwungen, wir bringen unfreiwillig doch bereitwillig ein Opfer dar, wir verzichten darauf, mit der Gemeinde Abendmahl zu feiern.

Heute vor 75 wurde der Pfarrer und Theologe Dietrich Bonhoeffer von den Nazis ermordet. Nur wenige Tag vor Ende des Kriegs. Bonhoefer war Teil der sogenannten Bekennenden Kirche, der Christen also, die sich von Hitler und seinen Schergen nicht haben vereinnahmen lassen und das Evangelium frei gepredigt haben. Weil er Widerstand gegen das NS-Regime leistete, sich für verfolgte Juden einsetze und politisch engagierte, wurde er verhaftet und erschossen.

Dietrich Bonhoefer wurde zu einem Opfer gemacht. Er war aber auch bereit, ein Opfer zu bringen. Ein Opfer für die Wahrheit, für die Gerechtigkeit, für die Menschen. Was für eine Parallele zum Tod von Jesus – ein Unschuldiger, einer, der sich für das Gute einsetzt, wird ermordet. Seit Jesu Tod – und auch schon davor – sterben immer wieder Unschuldige. Massenhaft. Werden zu Opfern gemacht. Viele bringen aber auch ein Opfer. Für Ihren Glauben an eine bessere Welt.

Heute an Gründonnerstag können wir zwar nicht mit all unseren Schwestern und Brüdern an einem Tisch sitzen, aber dennoch können wir sicher sein, dass wir miteinander verbunden sind, mit einem Band, das keine Macht dieser Welt und auch Corona nicht trennen kann. Wir sind verbunden miteinander und mit allen unschuldigen Opfern aller Zeiten.

Familientipps

Wir sind auf dem Weg nach Golgatha … hier nun einige Impulse aus den „Kontakten“, auch mit einem wertvollen Filmtipp und Erfahrungen aus dem Religionsunterricht.

200403 Golgatha

Musikbeitrag für Klassikfreunde

Leon Tscholl improvisiert über den Choral „Verleih uns Frieden“ (EG 421)

 

Wachet und betet

 

ier zum Innehalten und Gebet … Es läuten die Glocken der evangelischen Paul-Gerhardt-Kirche in Berlin-Prenzlauer Berg.

Hier Infos zur Evangelischen Kirchengemeinde Prenzlauer Berg Nord

Quelle: Michael Schüssler
https://m.youtube.com/channel/UCC0VTpq-eHLZ9sEg38DLrTQ

Buchempfehlung

090901 Jauer 5
Wolfgang Huber (Mitte) in der Friedenskirche zu Jauer Foto: Frank Bürger

 

Heute beschäftigen wir uns mit Dietrich Bonhoeffer. Eine wertvolle Empfehlung ist das Buch von Wolfgang Huber

Dietrich Bonhoeffer

Auf dem Weg zur Freiheit. Ein Porträt
Kaum ein anderer Theologe hat so wie Dietrich Bonhoeffer darauf beharrt, dass theologisches und ethisches Denken immer Denken in einer bestimmten Situation ist und sich unter neuen politischen oder gesellschaftlichen Umständen ändern kann. Das bedeutete für ihn zugleich aber auch, dass das Denken das Leben ändern kann, ja in besonderen Fällen ändern muss. So entschied sich Bonhoeffer im Juni 1939, als ihm in New York eine Dauerstelle angeboten wurde, gegen das Exil und kehrte kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs nach Berlin zurück, um für ein besseres Deutschland zu kämpfen. Es folgten Zeiten von Konspiration, Camouflage, Gefangenschaft, Einsamkeit und Zuversicht trotz allem.
Wolfgang Huber macht in seinem meisterhaften biographischen Porträt deutlich, warum Bonhoeffers meistgelesene Schriften – insbesondere die
Ethik und Widerstand und Ergebung – nur unter diesen existentiellen Bedingungen entstehen konnten und wie sich sein Leben und Denken spannungsvoll ergänzten. Die kühnen Neuansätze des großen „unvollendeten“ Theologen, der am 9. April 1945 auf Hitlers persönliches Geheiß hingerichtet wurde, ermutigen bis heute Menschen zum konsequenten Glauben und Handeln – gerade angesichts weltweiter Not und um sich greifender Gewalt, ungewisser Zukunft und Gefahren für die Demokratie.1. Prolog: Wer war Dietrich Bonhoeffer?
Denken und Leben
Sturm und Drang
Bekenntnis und Widerstand
Zuversicht ohne Ende
Modern und zugleich liberal

2. Bildungswege
Die Familie als Bildungsort
Nietzsche und andere Schulmänner
Rom, die Kirche und die Theologie
Abschlüsse und Aufbrüche

3. Die Kirche als Vorzeichen vor der Klammer
Individuelle Spiritualität oder Gemeinschaft
Die soziale Gestalt des Glaubens
Weltkirche und Wortkirche
Das Gerechte tun und auf Gottes Zeit warten

4. Billige oder teure Gnade
Immer wieder Luther
Unendliche Leiter und guter Baum
Nachfolge und Widerstand
Beten und das Gerechte tun

5. Die Bibel im Leben und in der Theologie
Von der Bergpredigt zu den Losungen
Die Bibel vergegenwärtigen
Historischer Jesus oder gegenwärtiger Christus

6. Christlicher Pazifismus
Kirche und Welt, Frieden und Widerstand
Friedfertige und Pazifisten
Freund oder Feind
Nur Gebote, die heute wahr sind
Gewaltfrei Frieden machen
Zwischen Militarismus und doktrinärem Pazifismus
Willkürliches und lebensnotwendiges Töten
Bonhoeffers Aktualität

7. Widerstand mit theologischem Profil
Bonhoeffers Rolle im Widerstand
In der Einsamkeit des Gewissens
Theologie des Widerstands
Schuld und Widerstand
Wunderbar geborgen

8. Mut zur Schuld
Schöpfung und Schuld
Bonhoeffers kirchliches Schuldbekenntnis
Geistesgegenwärtiges Bekennen
Kann die heilige Kirche sündigen?
Nothilfe und Schuld

9. Verantwortungsethik
Arbeit an der Ethik
Wegbereitung
Beruf und Verantwortung
Natürliche Rechte und Menschenrechte
Zivilcourage

10. Kein Ende der Religion
In religionsloser Zeit
Kritik der Religion
Die mündig gewordene Welt
Das religiöse Gewand ablegen
Glaube in einer Welt voller Religion

11. Polyphonie des Lebens
Drei schriftstellerische Vorhaben im Gefängnis
Nie ohne Musik
Bach oder Beethoven
Gregorianisch singen
Musiker oder Theologe
Fragmentarisches Leben

12. Epilog: Was bleibt
Weltweite Wirkungen
Kronzeuge von Protest und Widerstand
Bereitschaft zum Neuanfang
Von guten Mächten

Empfehlung für Jugendliche

Die Empfehlung kommt dieses Mal von Jürgen Lindner, Kantor des Evangelischen Johannesstifts

 

Impulse aus dem Evangelischen Johannesstift Berlin

 

 

Filmtipp

Nun schaut die Medienredaktion nach Passionsfilme … hier sticht einer mit dem Prädikat wertvoll heraus

 

 

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