
Bezauberndes Neckarsteinach
Berlin Vor den Toren der „Feinen“ Heidelberg liegt die Vierburgenstadt Neckarstadt. Mit dem Joseph von Eichendorff-Museum im Geopark weht Weltluft am Neckar entlang.
Von Frank Bürger
Um Neckarsteinach, die Landschaft von Steinach und das Schwalbennest gibt es eine Vielzahl romantisch verklärter Sagen und Berichte. So erdachte auch der französische Dichter Victor Hugo im Jahr 1838 eine auf dem Schwalbennest angesiedelte Begebenheit:
„Aus einem der vier Bergfriede hat man einen Bauernhof gemacht, aus dem zweiten ein Sommerhaus. Die beiden anderen, die völlig verfallen, zerstört oder verlassen sind, haben mich besonders interessiert und mehrmals zur Rückkehr bewogen. Der eine hieß im 12. Jahrhundert und heißt heute noch Schwalbennest, weil er aufragt, als sei er von einer riesigen Schwalbe auf einem Felssockel an die Wand eines großen Sandsteinberges gebaut worden. Zu Zeiten Rudolfs von Habsburg war dies der Herrensitz eines schrecklichen Edelmanns und Raubritters, den man Bligger die Geißel nannte. Das ganze Tal von Heilbronn bis Heidelberg war die Beute dieses Sperbers mit Menschengesicht. Wie alle seinesgleichen wurde er vor den Reichstag befohlen. Bligger ging nicht hin. Der Kaiser belegte ihn mit dem Reichsbann. Bligger lachte nur darüber. Der Rheinische Bund entsandte seine besten Truppen und seine besten Heerführer, um das Schwalbennest zu belagern. Nach drei Ausfällen hatte die Geißel die Belagerer niedergemacht. Dieser Bligger war ein Krieger von gewaltiger Gestalt, der mit dem Arm eines Schmieds zuschlug. Schließlich exkommunizierte der Papst ihn samt all seinen Anhängern. Als Bligger hörte, wie am Fuße seiner Burgmauer einer der Herolde des Heiligen Römischen Reiches die Exkommunikationsbulle verlas, zuckte er nur mit den Schultern. Als er am nächsten Morgen erwachte, fand er seine Burg verödet, das Tor und die Ausfallpforte zugemauert. All seine Waffenträger hatten im Schutz der Nacht die verfluchte Zitadelle verlassen und die Ausgänge zugemauert. Einer von ihnen, der sich auf einem Bergfelsen versteckt hatte, von wo aus er das Schlossinnere beobachten konnte, sah Bligger die Geißel den Kopf senken und langsam in seinem Hof auf und ab marschieren. Er betrat keinen Augenblick den Bergfried, sondern ging allein bis zum Abend hin und her und ließ die Fliesen unter seinen eisernen Absätzen erschallen. Als die Sonne hinter den Hügeln von Neckargemünd versank, schlug der gefürchtete Burggraf der Länge nach auf das Pflaster. Er war tot. Sein Sohn konnte die Familie nur vom Kirchenbann befreien, indem er das Kreuz nahm und aus dem Heiligen Land den Kopf des Sultans mitbrachte, der noch heute im Wappenschild eines steinernen Ritters prangt, der Ulrich Landschad hieß, der Sohn Bliggers war und nun auf einem Grabmal in der Kirche von Steinach liegt. Dieses Adelsgeschlecht ist heute erloschen.“

Vor dem Geopark gibt es den Nibelungengarten
Die sechs Sandstein-Skulpturen, auf mannshohe Stelen montierte Sandsteinköpfe, symbolisieren die sechs wichtigsten Personen des Nibelungenliedes: Siegfried, Kriemhild, Hagen, König Gunther, Brunhild und Hunnenkönig Etzel.
Die Skulpturen stammen von dem Bildhauer Paul August Wagner und wurden 1998 im Zuge der Umgestaltung des Parks durch den Skulpturenpark Seckach aufgestellt.

Im Geopark erwerben konnte ich das Buch zu Bligger II. von Steinach von Jürgen Breuer. Die Lektüre super spannend. Doch immer noch nicht ist in Fachkreisen die Urheberschaft des Nibelungenliedes geklärt. Trotz der Argumente Breuers scheint es unwahrscheinlich, dass Bligger das Werk geschaffen hat. Das hat sich schon früh auch in Gesprächen mit meinem Musiklehrer Werner Boll aus Eppelheim herauskristallisiert. Er war Vorsitzender des Richard-Wagner-Verbandes Heidelberg und Kenner der Historie. Er war ein Schüler Herbert von Karajans und ich bin froh, einige interessante Werke von ihm geerbt zu haben.
Trotz vieler Unkenrufe hat sich Richard Wagner dem Stoff des Nibelungenliedes bedient.
Kehren wir zurück zu Neckarsteinach.
Eine Ausstellung über Joseph Freiherr von Eichendorff (1788-1857) finden Besucher im zweiten Obergeschoss des Geopark Infozentrums.
In dieser Ausstellung werden dessen Leben und Dichtung gezeigt.
Eichendorff war beeinflusst von der romantischen Geistesbewegung, zu deren Zentrum des 19. Jahrhunderts Heidelberg wurde.
Schautafeln, Landkarten, Modelle und Handschriften führen den Besucher in die Welt des Dichters. Weiter werden neueste Erkenntnisse namhafter Eichendorff-Forscher vorgestellt.
In einem kühlen Grunde ist ein Gedicht von Joseph von Eichendorff, das auch unter dem Titel Das zerbrochene Ringlein zu finden ist. 1807/08 schrieb von Eichendorff in seinen Tagebüchern über die unerfüllte Liebe zu Käthchen Förster, Tochter eines Rohrbacher Küfermeisters, an die ein Gedenkstein am Philosophenweg in Heidelberg erinnert. Dies inspirierte Eichendorff wahrscheinlich zu dem Gedicht.
In meiner Heidelberger Zeit, in meiner Ausbildung im früheren Petersstift, dem heutigen Morata-Stift beschäftigte ich mich mit dem Heimatdichter Johann Peter Hebel. 1819 wurde Hebel der erste Prälat der lutherischen Landeskirche und dadurch Mitglied der ersten Kammer der Badischen Ständeversammlung. Als Abgeordneter widmete er sich, seinem Hintergrund entsprechend, vor allem der Bildungs-, Kirchen- und Sozialpolitik. So unterstützte er unter anderem Anträge zur Gründung eines Taubstummeninstituts und Blindenheims und für die bessere Ausbildung der katholischen Geistlichen.
Aber es gibt auch eine polnische Variante der Wahrheitsfindung, der ich nachgehe.
Einer anderen Theorie zufolge nämlich war die Wassermühle im oberschlesischen Bresnitz, heute Brzeźnica, die Inspiration für das Gedicht.
Am 4. August schrieb der renommierte Schriftsteller Mathias Kneip auf seinem Facebook-Account: „Heute waren wir mit den deutschen Lehrerinnen und Lehrern am Gleiwitzer Sender und in Lubowitz, dem Geburtsort des deutschen Dichters Joseph von Eichendorff… Und wir haben fleißig und engagiert seine vertonten Gedichte gesungen…Ein tolles Erlebnis das allen viel Freude gemacht hat!!!“
1813 wurde das Gedicht unter dem Pseudonym „Florens“ und unter dem Titel Lied in der Anthologie Deutscher Dichterwald veröffentlicht. Eichendorff nahm das Gedicht auch in seinen 1812 verfassten und 1815 veröffentlichten Roman „Ahnung und Gegenwart“ auf, wo es zum ersten Mal unter Eichendorffs eigenem Namen gedruckt wurde.
1814 vertonte Friedrich Glück das Gedicht, das besonders als Chorsatz von Friedrich Silcher unter dem Titel Untreue Bekanntheit erlangte. Die Comedian Harmonists nahmen das Lied 1932 in einem Arrangement von Erwin Bootz als Schellackplatte auf. Das Lied wurde ferner unter anderem vom Renner-Ensemble Singer Pur, Heino, den King’s Singers, Hein & Oss, den Fischer-Chören, Freddy Quinn, James Last, Roy Black, Richard Tauber, Mireille Mathieu, Chanticleer und Max Raabe interpretiert.
Knapp 925 000 Aufrufe hat die Einspielung von Max Raabe mit dem Bariton Thomas Quasthoff, den ich live gemeinsam mit Daniel Barenboim am Klavier mit der „Winterreise“ in der Berliner Philharmonie erleben durfte.