
Berlin. Sie sind eine Rarität, sie sind eine Kostbarkeit, die Bilder von Manfred Pietsch, die von Jürgen Schneider, dem Pfleger des Nachlasses von Pietsch präsentiert werden. Die Deutsch-Polnischen Nachrichten begleiten diese besondere Kunstszene. Auch das Kloster Chorin ist dabei ein besonderer Ort.
Von Frank Bürger
Bis zum 26. Juli ist von 9-18 Uhr die Ausstellung „Barnimer Landschaften in den historischen Mauern des Klosters Chorin zu sehen.
Das Kloster Chorin ist eine Perle im Norden der Bundesrepublik. Die Verbundenheit mit Baumeister Friedrich Wilhelm Schinkel ist groß, und damit auch die enge Verbindung zu anderen Stätten seines Schaffens. Doch nun sind auch die Bilder von Manfred Pietsch dort zu sehen.
Friedrich Wilhelm Schinkel ist es zu zu verdanken, dass das ehemalige Kloster in diesem hohen Maß an Originalsubstanz erhalten geblieben ist. Die Nachnutzung als preußische Domäne hätte der Anlage weitere Jahre nicht gut getan. Schinkel hat seine Möglichkeiten erkannt und viele Zeitgenossen für die junge Disziplin der Denkmalpflege sensibilisiert. Er hat verstanden, dass es die Aufgabe des Staates ist, sein Erbe für kommende Generationen zu bewahren und hier Standards zu schaffen. Viele Politiker teilen diese wichtige Ansicht heute leider nicht und gehen weniger bewusst mit historischen Ressourcen um.
Heute inmitten einer „entzauberten“, profanisierten Welt, die durch die moderne
Zivilisation immer mehr und mehr ihres transzendenten Hintergrundes beraubt wird, sieht sich die Malerei , Musik und die Kunst überhaupt vielfach auf verlorenem Posten. Die Arbeiten des international renommierten Künstlers Manfred Pietsch laden ein, sinnstiftende Inhalte in Natur- und Landschaftserleben wieder zu entdecken. Harmonie und Erhabenheit als Energiespender in einer immer unruhiger werdenden Welt zu finden. Gerade durch Corona wurde der Mensch auf seine ureigensten Befindlichkeiten wie Familie, Gesundheit und Harmonie zurückgeworfen und entdeckte die umgebende Natur neu.
Landmarks – Barnimer Landschaften
Zwischen Berlin und der Uckermark liegt eine der bedeutsamsten deutschen Natur- und Kulturlandschaften: der Barnim. Mit einer Fläche von ca. 1500 Quadratkilometern ist er zwar dünn besiedelt, dafür aber umso reicher an reizvollen Landschaften. Der Barnim ist ein idealer Ausgangspunkt für Entdeckungen und Ausflüge. Das im Barnim gelegene „UNESCO-Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin“ ist das größte zusammenhängende Waldgebiet Deutschlands. Zahlreiche Flüsse, Seen und die eher hügelige Landschaftsstruktur des Barnim verdanken ihr Entstehen der Eiszeit.
So wie Theodor Fontane vor 200 Jahren, erschloss sich der Berliner Maler und Grafiker Manfred Pietsch auf seinen zahlreichen Wanderungen die Schönheiten des Barnim. Mit Skizzenbuch oder Aquarellkasten zog es ihn über 40 Jahre immer wieder in diesen Landstrich. Die Ausstellung zeigt eine kleine Auswahl seiner Landschaftseindrücke. Der Schwerpunkt der Bildauswahl liegt auf naturbelassenen Landschaften. Diese zählen heute zu den letzten Refugien für den nach Beschaulichkeit und innerer Ruhe suchenden Städter. Nicht die kulturellen Hotspots oder auch die mit Windkraftanlagen überformten Höhen sind im Zentrum der Betrachtung. Mögen die stillen Landschaften von Manfred Pietsch uns ermahnen, behutsam mit der Natur umzugehen.
Der Maler und seine Motive
So vielgestaltig der Barnim als Landschaft ist, so breitgefächert sind auch die Arbeiten des Künstlers Manfred Pietsch.Zu den größten Schätzen des Barnims zählen die vielen eiszeitlichen Seen. Heute sind sie an warmen Sommertagen begehrte Ausflugsziele für Wanderer und Radfahrer. Wer kennt sie nicht, die Bade- und Naturszenen vom Liepnitzsee, Wandlitzsee und die zahlreichen Flüsse und Kanäle. Deshalb finden sich diese Sujets auch als ein Schwerpunkt innerhalb der Ausstellung. Von besonderem Reiz für den Betrachter sind z.B. Aquarelle mit kleinstädtischer Situation in Biesenthal oder auch den touristischen Zielpunkten von Chorin und Bernau. Dazwischen eingebettet finden sich einzigartige Landschaften von Lübars, über Hellmühle, Brodowin bis hin zum Finowkanal.
Manfred Pietsch zählt heute zu den wichtigen und international ausgewiesenen Könnern unter den Aquarellisten. Seine behutsam gebauten Bildschöpfungen zeichnen sich durch tonige und gedämpfte Farbwelten aus. Zumeist in „trockener Aquarelltechnik“ arbeitend, wurde nur wenig dem Zufall überlassen. Das Zeichnerische im Bild steht gegenüber dem spontan Fließenden im Vordergrund. Farbgebung und Komposition sind im hohen Maße von harmonischen Prinzipien geprägt. Hier knüpft der Maler an die Tradition der „idealen Landschaft“ eines Claude Lorrain oder auch Philipp Hackert an.
Das bürgerliche Bildungsideal war ein fundamentaler Wert für Manfred
Pietsch. Nicht retrospektiv rückschauend, sondern liebevoll bewahrend und in die
Zukunft schauend, ging es dem Maler darum, beglückende Momente der
künstlerischen Anregung sichtbar und für den Betrachter erlebbar zu machen. So
sind es meist die kleinen Momente, von denen wir lang zehren.
Ein Mann der lauten Geste war Pietsch nie. Die kleine Form ausloten und dabei das
Feine erarbeiten war ihm immer wichtig. Die bevorzugte Maltechnik des Künstlers
war stets die Arbeit auf Papier in Aquarell, Gouache oder Tempera. Dazu sagte er
selbst: „es ist die ehrlichste Form des Malens, da kannst du nicht blenden,
Korrekturen werden direkt sichtbar“. Insofern steht er William Turner, Paul Cezanne
und Emil Nolde nahe. Meist arbeitete Pietsch trocken, das heißt er- trägt die wässrige
Farbe direkt auf den trockenen Untergrund auf. Das Ergebnis ist kontrolliert und nicht schwammig.
Über Manfred Pietsch formulierte der renommierte Kunstwissenschaftler Dr.
Nimmich einmal „Mit malerischer Unbeschwertheit und dennoch implizierter Präzision der Pinselzüge erlangt Manfred Pietsch die Unvermittelbarkeit jenes ästhetischen Wohlwollens, das seinen Bildern eine in Form und Farbe formulierte Authentizität des Erfassten verleiht.
Es ist das Unprätentiöse, das seinen Arbeiten etwas von der Erhabenheit unseres
Gewordenseins im Kontext zum jeweiligen Zeitgeist vermittelt. Ob in kontemplativer oder expressiver Form vorgetragen, so bleiben die Bilder des Manfred Pietsch stets in ihrem eigenen und unverkennbaren ästhetischen Kosmos verhaftet, in Farbe und Licht so anmutig und melancholisch, aber nicht traurig, eher besinnlich in ihrer Wirkung kultivierend und doch stets leise mahnend auf Vergängliches verweisend.“
Hier ein Interview mit Klosterleiterin Franziska Siedler im März 2018