Europa wächst weiter

IMG_0530Der gemeinsame Begleitausschuss  INTERREG V A Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Polen hat die Projektauswahl für zwei abgeschlossene Projektaufrufe im Bereich Kultur und Natur vorgenommen. Bei einem Gesamtbudget von ca.13,2 Mio. € entfielen ca. 3,8 Mio. € auf brandenburgische Projektträger.

Von Frank Bürger

„Ich freue mich, dass INTERREG mit seiner Projektauswahl ein aktuelles Zeichen für Weltoffenheit und kulturelle Verständigung gesetzt hat. In der gemeinsamen Grenzregion kann sich so neben der wachsenden Selbstfindung auch geschichtliche Identität herausbilden“ – konstatiert Europaminister Stefan Ludwig.

„Es ist mir wichtig, dass mit der Projektauswahl den Menschen vor Ort, aber auch Besuchern der Region, die Möglichkeit gegeben wird, jüdisches Leben heute und in seiner Tradition wahrzunehmen. Europa leistet hier einen guten Beitrag, um die Vielfalt der europäischen Identitäten für alle erkennbar zu machen“, so Ludwig.

Mit dem Museumsnetzwerkprojekt der Stadt Schwedt/O. und seinen insgesamt zwölf Projektpartnern, darunter auf polnischer Seite die Universität Szczecin, kann mithilfe der Projektförderung regionaler Identität erlebbar gemacht werden. Das Projektbudget ist mit ca. 980 T € angesetzt, davon entfallen ca. 480 T € an die Stadt Schwedt. Weltoffenheit und kulturelles Erbe stehen bei der Restauration der jüdischen Synagoge in Schwedt/Oder im Mittelpunkt.

Hier wurden bereits vor zwölf Jahren  von den Stadtverordneten Weichen gestellt. Ganz versteckt hinter einem Holztor in der Stadtmauer ist es zu finden: das jüdische Ritualbad mit seinem charakteristischen Kuppelbau. Zeugnis einer längst untergegangenen Ära. Die Chroniken erzählen, dass ein gewisser Theodor Wangenheim letztes Mitglied der jüdischen Gemeinde Schwedts war, der auf dem jüdischen Friedhof fast unbemerkt beerdigt wurde. Als Erinnerung an diesen dunklen Abschnitt deutscher Geschichte, der auch vor den Toren Schwedts keinen Halt machte, bleibt das Ritualbad. Völlig abgeschlossen von der Öffentlichkeit. Der Architekt Eckehard Tattermusch, der das angrenzende Grundstück zur Zeit nutzt, macht zwar Führungen auf dem Gelände, doch betreten darf die Mikwe, so der althebräische Name für das rituelle Reinigungsbad, wegen Einsturzgefahr keiner. Die Bauaufsicht der Stadtverwaltung hat den Bereich gesperrt. Hier war schon eine internationale Forschergruppe mit Sitzen in Braunschweig und Jerusalem zu Gast, die das Ritualbad dokumentierte.

Mehrere Meter unter der Erde befand sich das Ritualbad der jüdischen Gemeinde. Der Zugang erfolgte auch unterirdisch von einem Nebengebäude an der Stadtmauer. Zur Beleuchtung des Tauchbeckens diente eine Öffnung in der von einer Laterne gekrönten Kuppel. Für das Ritualbad war „lebendes Wasser“ wie Regen-, Grund-, Quell- oder Flusswasser vorgeschrieben. Hier wurde das Bad durch Grundwasser gespeist. Heute verhindern nur provisorische Stützen den Einsturz der Außenwand. Aber das Positive: Alles bei diesem Gesamtensemble ist noch vorhanden.

Fast jede jüdische Gemeinde besaß früher eine Mikwe. In Deutschland lassen sich heute noch an über 400 Orten Mikwaot nachweisen, doch nur in Schwedt lag sie in solch einem besonderen Kuppelbau: Tief genug, um sie aus Grundwasser zu speisen – und gleichzeitig hoch genug, um Tageslicht ins Innere zu lassen. Christiane Köhler, Öffentlichkeitsbeauftragte der Schwedter Kirchengemeinde, spricht von einer europaweit einzigartigen Architektur.

Bei dem Synagogendienerhaus handelt es sich nach Angaben der Stadtverwaltung vermutlich um ein Gartenhaus aus dem 18. Jahrhundert. Es ist ein eingeschossiger, unterkellerter Fachwerkbau auf rechteckigem Grundriss, gegründet auf einem hohen Feldstein-Ziegel-Sockel.

Zur Geschichte: Am 18. September 1862 konnte die jüdische Gemeinde außerhalb der Stadtmauer neben dem Berliner Tor eine Synagoge einweihen. Dazu kam 1869 bis 1871 auch das Ritualbad. In der Reichskristallnacht verwüsteten SA-Truppen den Gebäudekomplex. Übrig blieb nur das Eingangsportal samt Ritualbad.

Die Zeitschrift „Die Kirche“ berichtete ausführlich vor zwölf Jahren darüber.

Ferner wurde das Projekt „Kulturelles- und Naturerbe Region Mittlere Oder“ der Projektpartner Gemeinde Dębno  und der EJF gAG, Landhof Liepe (Landkreis Barnim), für eine Förderung ausgewählt. Die beiden Projektpartner aus Liepe und Dębno arbeiten schon seit über einem Jahrzehnt erfolgreich zusammen. Ziel des Gesamtprojektes ist es, ein deutsch-polnisches grenzübergreifendes Zentrum für Natur- und Kulturerbe der Erlebnisregion Mittleres Odertal mit Standorten in Liepe und Dębno zu schaffen.

Unter dem Dach damit betreut war die Referentin Joanna Bürger.  Der Vorstand  des EJF bedankte sich beim gesamten Team, das damit beteiligt war.

Das bedeutet ein deutsch-polnisches Miteinander, das wir weiter begleiten werden.

Hier weitere Bilder zum zehnjährigen Jubiläum des Landhofes Liepe

 

 

 

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s