Der Weg vom Johannesstift nach Auerbach ist kein weiter

Berlin. Jürgen Lindner war über viele Jahre Kantor im Evangelischen Johannesstift. Nun agiert er im Ruhestand im Umfeld des Klosters Auerbach.

Von Frank Bürger

Jürgen Lindner ist Mitinhaber der Marke „Albert-Schweitzer-Tee“. Viele Jahre war er Kantor im Evangelischen Johannesstift Berlin. Nun hat er eine neue Heimat in Auerbach gefunden. Aber Ruhestand heißt Unruhestand. Er spielt Orgel bei verschiedenen katholischen Messen und evangelischen Gottesdiensten, in Auerbach, in Neuhaus, in Pegnitz. Aber noch etwas kommt dazu. Er unterrichtet Schulschwestern auf der Orgel bezüglich Choralbegleitung und Harmonisation.

Und das an historischem Ort, bei den Schulschwestern von Unseren Lieben Frau in Auerbach.

Inhaber der Marke „Albert-Schweitzer-Tee“. Jürgen Lindner (r.) und Frank Bürger in den Bürgerstuben 

Ursprünge

„Der hl. Augustinus sagt: „Der Anfang geht immer mit.“ In Mattaincourt – südlich der alten Herzogsstadt Nancy gelegen – steht die Wiege unserer Kongregation. Es war die Pfarrei des seeleneifrigen Augustiner-Chorherrn Pierre Fourier. Von Anfang an waren ihm die würdige Feier der Liturgie und die Erziehung der Jugend ein Herzensanliegen.
Als er in seinem Pfarrkind Alexia Le Clerc einem jungen Mädchen begegnete, das ihm den Wunsch eröffnete, sich ganz Gott zu schenken, und das in kurzer Zeit drei Freundinnen ebenfalls für dieses Ideal begeistern konnte, betete und prüfte er lange, wie es seine Art war.
Schließlich erkannte er den Plan der göttlichen Vorsehung, die ihm in diesen idealgesinnten Mädchen die Möglichkeit in die Hand gab, seinen lang gehegten Wunsch zu erfüllen: die unentgeltliche Erziehung von Mädchen aus allen Gesellschaftsschichten durch Ordensfrauen, die somit in Schulen außerhalb der Klausur wirkten.
Für diese seinerzeit innovative Idee musste unser Gründer alle Überzeugungskraft aufbieten. Doch schließlich kam die Bestätigungsbulle (1616) aus Rom, wie auf dem Foto oben zu sehen.
Als Gründungsdatum gilt der 24. Dezember 1597. Denn in der Mitternachtsmette weihten sich damals Alexia und ihre drei Gefährtinnen in der Pfarrkirche von Mattaincourt öffentlich Gott.
20 Jahre später, im Jahr 1617, konnte in Nancy das erste Kloster kanonisch errichtet werden. Die Kongregation der „Augustiner-Chorfrauen de Notre Dame“ breitete sich sehr rasch in Frankreich aus.
Viele Städte baten um die Eröffnung von Schulen für Mädchen. Erst die Französische Revolution (1789-1794) machte dem segensreichen Wirken der Schwestern ein Ende. Sie konnten sich teilweise in anderen Ländern Europas neu sammeln. Die Klöster in Deutschland fielen der Säkularisation (1803) zum Opfer.

Nur wenige Kilometer jenseits der bayerischen Grenze lag eine der kleinsten deutschen Pfarrgemeinden der Diözese Budweis: Hirschau. Der dort wirkende Priester Gabriel Schneider wünschte Schwestern für den Schuldienst. Als sich der Plan, Schulschwestern aus München in Böhmen anzusiedeln, zerschlug, beschloss der unermüdliche Seelsorger, eine eigenständige Kongregation zu gründen.
Unterstützt von vielen Wohltätern kaufte er ein Grundstück neben der Kirche und begann mit dem Bau des ersten Klosters mit Schule neben der Dorfkirche. Am 15. August 1853 legten die ersten zwei Novizinnen die Profess ab und sechs Kandidatinnen empfingen das Ordenskleid. Die Zahl der Anmeldungen für Schule und Kloster stieg stark an, sodass ein größerer Bau nötig war. 1854 konnten die Schulschwestern das ehemalige Minoritenkloster im unweit gelegenen Horaschdowitz erwerben und zum Mutterhaus ausbauen. Immer mehr Filialen wurden eröffnet, u. a. in Prag. 1910 übernahmen die Schwestern ihre Tätigkeit in den USA, 1919 in der Slowakei.
1930 wurde die Kongregation in die Amerikanische, Budweiser, Marienbader und Prager Provinz geteilt. Damals zählte die Ordensgemeinschaft 862 Professschwestern und 72 Novizinnen in 117 Niederlassungen. Die deutschsprachigen Schwestern (192 Professinnen und 12 Novizinnen) wurden in der Marienbader Provinz zusammengefasst, mit 24 Niederlassungen im Sudetenland.
In der Filiale Einsiedl, die 1854 vom Stift Tepl aus gegründet worden war, befand sich das Noviziat. 1939 wurden Schulen und Pensionate der Schwestern von den nationalsozialistischen Machthabern geschlossen und Lehrschwestern aus den staatlichen Schulen entlassen.
1945 traf das Los der Vertreibung alle Deutschen, auch unsere Ordensschwestern. In amerikanischen Militärfahrzeugen bzw. Viehwaggons kamen sie nach Bayern, wo sie schließlich in Auerbach (Erzdiözese Bamberg) wieder Fuß fassen konnten. Aus der Marienbader Provinz wurde die Bayerische Provinz mit Sitz in Auerbach/Opf.
Die Gründung in dem kleinen Böhmerwalddorf Hirschau ist ein typisches Beispiel dafür, dass die Werke Gottes oft ganz unauffällig beginnen. Umso offensichtlicher ist dann, dass der Herr es ist, der alles Gute wirkt.

Nach Kriegsende wurden 1945/46 insgesamt 188 Schwestern der Marienbader Provinz aus dem Sudetenland nach Bayern ausgesiedelt. Über 3 Millionen Sudetendeutsche traf das Los der Vertreibung. Dank der Münchner Schulschwestern kamen alle arbeitsfähigen Schwestern in deren Filialen unter. Für die kranken und alten Schwestern (45!) fand die damalige Provinzoberin S. M. Adolfine Proißl liebevolle Aufnahme im Kloster Michelfeld bei den Dillinger Franziskanerinnen, denen wir zeitlebens dankbar sind für ihre schwesterliche Güte.
Die erste eigene Filiale in Bayern entstand, als die Schulschwestern auf Bitten des damaligen Bamberger Caritasdirektors Philipp Kröner das Flüchtlingsaltersheim in Schloss Banz übernahmen (7. Nov. 1945). In Auerbach war es Pfarrer Johann Ritter, der die „Flüchtlingsschwestern“ gern in seiner Pfarrei beheimaten wollte, nachdem die dort bislang tätigen Mallersdorfer Schwestern abberufen wurden. Am 1. März 1946 bezogen fünf Schulschwestern das Bürgerspital in Auerbach.
Zu Schuljahresbeginn 1946 unterrichteten bereits sechs Schulschwestern an der Volksschule in Auerbach. 1948 fanden 16 Schwestern und das Provinzialat im neu gebauten Caritasheim Platz. Weitere Filialen kamen hinzu, u. a. in Speinshart, Bamberg, Seeg, Würzburg, Fürth, Höchstadt, Forchheim, Pfronten. Die Anfänge waren oft entbehrungsreich. Doch die Schwestern bewiesen außerordentlichen Pionier- und Opfergeist.
1953 konnten die Schulschwestern in Auerbach endlich ein eigenes Haus, das Mutterhaus (siehe Foto oben), welches das Herz der Bayerischen Provinz ist, beziehen. 1954 kam die Schule hinzu, 1956 die Kirche, welche die bisherige Kapelle ersetzte.
Die Bayerische Provinz wurde von Erzbischof Josef Otto Kolb (Bamberg) mit Datum vom 2. Febr. 1949, errichtet. Es ist der Lichtmesstag, an dem die Kirche Jesus Christus als das Licht der Welt feiert und Kerzen weiht. Das Licht Christi möge auch von unserer Provinz ausstrahlen in die Dunkelkeit und Kälte unserer Zeit!
„Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich“ (Röm 11,18). So wie keine Pflanze ohne lebendige Wurzeln leben, wachsen und gedeihen kann, ebenso wenig erblüht und fruchtet eine Ordensgemeinschaft, die ihr Erbe vergisst. Auf dem tragenden Grund, der Christus selber ist, wollen wir weiterbauen.“

Quelle: Schulschwestern von Unserer Lieben Frau Auerbach

Mit dem Buch „Christianisierung in Pommern“ machte ich mich auf die Spurensuche nach Otto von Bamberg. In Bamberg befindet sich die jüngste Filiale der Schwestern.

Otto von Bamberg

Der hl. Otto von Bamberg stammte aus schwäbischem Adel, war zuerst am Hof des Polenherzogs Wladislaw, trat in den Dienst Kaiser Heinrichs IV., wurde 1101 Kanzler des Reiches und 1102 Bischof von Bamberg. Er wirkte eifrig für den Frieden zwischen Kaiser und Papst, gründete und reformierte zahlreiche Klöster und missionierte seit 1124 in Pommern. Er starb am 30. Juni 1139 zu Bamberg und wurde in der Benediktinerabtei Michelsberg beigesetzt. In der Diözese Bamberg wird sein Fest am 30. September begangen.

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