Von Schwetzingen nach Zerben

Frank Bürger mit dem Kreistagsabgeordneten und Landwirt Daniel Ladwig

Berlin. Die Reise des Schweitzer-Zuges unter dem Dach der Deutsch-Polnischen Nachrichten und der „edition Schröck-Schmidt“ geht weiter. Nächste Station: Zerben.

Von Frank Bürger

Der Schweitzer-Zug rollt weiter. Zum bundesweiten Vorlesetag war der Autor mit dem Buch zu Gast in der Bernd-Ryke Schule bei Kollegen Jonathan Knaut. Dort stellte ersein Buch vor. Grund: Zübeyde Ülkü Gören hatte ein Porträt zu Albert Schweitzer gezeichnet. Das ist Teil des Buches.

Die Melisse zum Albert-Schweitzer-Tee wird in Zerben (Sachsen-Anhalt) angebaut. Nächste Station bei der Präsentation des Buches „Auf den geheimnisvollen Spuren von Albert Schweitzer“.

Hier gibt es mit dem Musiker Marco Reiß eine enge Verbundenheit. Dort gibt es am 14. Dezember ein Weihnachtsspecial der Schlosskonzerte. Mit dabei wieder Ute Mertens, Leiterin der Telefonseelsorge der Landeskirche in Magdeburg. Dazu gastiert Undine Dreißig. Zum ersten Mal gastierte mit Thorsten Fabrizi am Klavier mit einem Stück von Richard Wagner in den heiligen Zerbener Hallen

Das Programm wird adventlich gestaltet.

Schon im Juni gab es ein Besuch der Deutsch-Polnischen Nachrichten in Zerben. Hier gastierte auch das Montiquartett.

Die Begrüßung machte Daniel Richter, Vorsitzender des Fördervereins.

Mit dabei auch der Musiker Marco Reiß, Autor der Deutsch-Polnischen Nachrichten.

Und ganz bewusst hat sich das Team um den Albert-Schweitzer-Tee dafür entschieden, in Zerben bei Landwirt und Kreistagsabgeordneten Daniel Ladwig anbauen zu lassen. Die Nähe zu Theodor Fontane, Autor des Werkes „Effi Briest“ ist da.

Foto: Frank Bürger

Die wahre Effi Briest hieß Elisabeth

„eine Geschichte nach dem Leben“

So heißt es 1895 in einem Brief von Theodor Fontane an Marie Uhse. Das Ehe-Epos und Schicksal der gleichnamigen Titelheldin „Effi Briest“ beruht auf der wahren Geschichte der Elisabeth von Ardenne, geb. Edle und Freiin von Plotho.

An den Ufern der Elbe wird sie 1853 im Schloss Zerben, zu jener Zeit im Besitz der Familie von Plotho, geboren. Dort wächst Elisabeth, jüngste Tochter des Edlen Freiherrn Carl Albrecht Felix von Plotho und Franziska Maria geborene Welling, mit ihren drei Schwestern und dem ältesten Bruder Wolfgang, dem einzigen männlichen Nachkommen, auf.

Elisabeth, im Kreise der Familie kurz „Else“ gerufen, zeigt sich in ihrer Kindheit als ein äußerst aufgeschlossenes, lebhaftes junges Mädchen. Mit ihren vornehmlich männlichen Spielkameraden verbringt Elisabeth so viel Zeit wie möglich in der Natur. Nicht selten wird ihr unerschrockenes und temperamentvolles Auftreten zum Gegenstand von Gesprächen der Dorfbewohner Zerbens, welche die junge Elisabeth schlicht und liebevoll „unser Elseken“ nennen. Elisabeth und ihre Geschwister lieben in Kindertagen besonders die Ausflüge zum Forsthaus in Penningsdorf und die Picknicks mit ihrer Mutter.

Die Erziehung Elses liegt jedoch in weiten Teilen in den Händen des Pfarrers, einer Gouvernante und einer Privatlehrerin, die von Else als langweilig und unfähig beschrieben wird.

1864 verliert die junge Elisabeth ihren Vater durch einen tödlichen Jagdunfall. Die Mutter ist es nun, die die Güter Zerben, Penningsdorf und Güsen alleine führen muss. Diese Verantwortung tragend und der Reputation des Herrengeschlechts verpflichtet, bemüht sich die Mutter ihre Töchter statthaft unter die Haube zu bringen.

So kommt es, dass die vierzehnjährige Else mit dem Fähnrich Léon Armand von Ardenne, einem Zieten-Husar der Garnisom von Rathenow, bekannt gemacht wird. Wider Willen wird die noch kindliche Else von ihrer Mutter angehalten, dem Klavierspiel Ardennes zuzuhören. Die Mutter Elses ist sichtlich bestrebt, eine Heirat beider in die Wege zu leiten.

Dabei ist es zu jener Zeit freilich nicht die Liebe, die eine Ehe begründet. Vielmehr gilt es vordergründig sowohl monetären als auch gesellschaftlichen Einfluss durch eine standesgemäße Heirat zu sichern. Elisabeth jedoch lehnt eine Heirat mit Léon Armand von Ardenne zunächst beharrlich ab.

Erst später fügt sich Else dem Bestreben ihrer Mutter und nimmt die Ablehnung einer Heirat in einem Brief an Armand zurück. Dieser schickt ihr daraufhin Feldpost von der Front und bittet seinen Vater im Folgenden um Erlaubnis, Else zu ehelichen.

1871 findet die Verlobung Léon Armand von Ardennes und Elses in Stechow bei Rathenow und 1873 sodann die Hochzeit in Zerben statt. Am selben Tag noch verlässt Else ihr Elternhaus, das Schloss Zerben, und zieht mit ihrem Bräutigam nach Berlin.

Zwischen 1873 und 1877 bringt diese Verbindung die Kinder Margot und Egmont hervor.

Zu Gast bei Carl Robert Lessing, dem Besitzer der Vossischen Zeitung, und seiner Frau Emma macht Theodor Fontane die Bekanntschaft mit Elisabeth und Armand.

Die Familie von Ardenne verlässt Berlin jedoch schon bald, um im Schloss Benrath bei Düsseldorf am Rhein, dem einstigen Wohnsitz des Kurfürsten Karl Theodor, zu wohnen. Hier nimmt das Schicksal der unglücklich verheirateten Elisabeth seine Wendung. Sie lernt den Amtsrichter Emil Hartwich kennen und lieben. Beide wechseln fortan Liebesbriefe.

Elisabeths Ehemann aber schöpft Verdacht und findet die Schreiben Hartwichs. In der Folge dessen fordert Léon Armand von Ardenne seinen Nebenbuhler 1887 zum Duell heraus, welches für Hartwich tödlich endet. Die Ehe zwischen Elisabeth und Armand wird geschieden und die Kinder dem Mann zugesprochen.

Der „Fall Ardenne“ erhebt sich zu einem gesellschaftlichen Skandal; wird in Zeitungen thematisiert und in Tischgesellschaften diskutiert. Auch Fontane erfährt zu Gast bei dem bekannten Ehepaar Lessing von dem Ehebruch Elisabeths und den jüngsten Ereignissen in der Familie von Ardenne, die er Anfang der 90er Jahre des 19. Jahrhunderts so schließlich in seinem Gesellschaftsroman „Effi Briest“ zu einem Meisterwerk verarbeitet.

Während „Effi“ in Fontanes Roman jedoch frühzeitig am Verlust ihrer Kinder zerbricht und verstirbt, wird Elisabeth im wahren Leben 98 Jahre alt. Nach sechzehn langen Jahren, in denen ihr die Kinder entzogen wurden, kann sie schließlich auch die Verbindung zu diesen wieder aufnehmen.

Elisabeth war zeitlebens eine starke, bemerkenswerte Frau mit ausgeprägter Schaffens- und Willenskraft. Sie arbeitete als Krankenschwester, reiste viel und bestieg mit 50 Jahren den 2970 hohen Berg „Scesaplana“ bei Liechtenstein. Auch im Alter zeigte sich ihre Rastlosigkeit und ihr überaus großer Willen aktiv am Leben teilzunehmen und es frei zu gestalten. So lernte sie noch mit 60 Jahren das Skilaufen und mit 80 Jahren das Radfahren.

In Gedenken an die beeindruckende Persönlichkeit Elisabeths und mit viel Liebe zum Detail stehen Gemeinde, Kreis und Land Sachsen-Anhalt für die Erhaltung dieses kulturgeschichtlichen Erbes ein. Von einer einzigartigen Wälder- und Seenlandschaft umrahmt, lädt das Schloss Zerben heute sowohl Literaturfreunde als auch Naturliebhaber zum Staunen, Entdecken und Verweilen ein.

Quelle: Schloss Zerben

Elisabeth von Plotho, Vorbild für die Romanfigur „Effi Briest“, liegt abgelegen auf dem Südwestfriedhof Stahnsdorf begraben, wo es regelmäßig Führungen gibt.

Und noch eine Note zu Albert Schweitzer und Theodor Fontane.

Ausgangspunkt der Recherche war im Mai 2022 die Ordinationspremiere in der Spandauer Nikolaikirche.

Prälat Traugott Schächtele (Landeskirche Baden) und der ordinierte Pfarrer Frank Bürger in der Nikolaikirche

Superintendent Florian Kunz mit Autor Frank Bürger vor der Nikolaikirche

Und wie Superintendent Florian Kunz auf einer Geburtstagskarte vermerkte: Auch hier war Theodor Fontane.

Ein klarer Dezembertag; die Erde gefroren, die Dächer bereift. Aber schon mischt sich ein leises Grau in die heitere Himmelsbläue, es weht leise herüber von Westen her, und jenes Frösteln läuft über uns hin, das uns ankündigt: Schnee in der Luft.

Schnee in der Luft; vielleicht morgen schon, daß er in Flocken niederfällt! So seien denn die Stunden genutzt, die noch einen freien Blick in die Landschaft gestatten.

Das Spreetal hinunter, an dem Charlottenburger Schloß vorbei (dessen vergoldete Kuppelfiguren nicht recht wissen, ob sie in dem spärlichen Tageslicht noch blitzen sollen oder nicht), über Brücken hin, zwischen Schwanenrudeln hindurch, geht der Zug, bis die Havelveste vor uns aufsteigt, mit Brücken und Gräben, mit Torwarten und Mauern, und über dem allen: Sankt Nikolai, die erinnerungsreiche Kirche dieser Stadt.

Der Zug hält. Ohne Aufenthalt, mit den Minuten geizend, steuern wir durch ein Gewirr immer enger werdender Gassen auf den alten gotischen Bau zu, der sich, auf engem und kahlem Platze, über den Dächerkleinkram hinweg, in die stahlfarbene Luft erhebt. Kein Bau ersten Ranges, aber doch an dieser Stelle.

Das Innere, ein seltner Fall bei renovierten Kirchen, bietet mehr, als das Äußere verspricht. Emporen, wie Brückenbogen geschwungen, ziehen sich zwischen den grauweißen Pfeilern hin und wirken hier, in dem sonst schmucklosen Gange, fast wie ein Ornament des Mittelschiffes.

Die Kirche selbst, bei aller Schönheit, ist kahl; im Chor aber drängen sich die Erinnerungsstücke, die der Kirche noch aus alter Zeit her geblieben sind. Hier, an der Rundung des Gemäuers hin, hängen die Wappenschilde der Quaste, Ribbeck und Nostitz, hier richtet sich das prächtige Denkmal der Gebrüder Röbel auf, hier begegnen wir dem berühmten Steinaltar, den Rochus von Lynar der Kirche stiftete, und hier endlich, in Front ebendieses Altars, erhebt sich das dreifußartige, schönste Kunstform zeigende Taufbecken, das zugleich die Stelle angibt, wo unter dem Estrich die Überreste Adam Schwarzenbergs ruhn. Zur Rechten die eigene Wappentafel des Grafen: der Rabe mit dem Türkenkopf.

Alle diese Dinge indes sind es nicht, die uns heute nach Sankt Nikolai in Spandau geführt haben, unser Besuch gilt vielmehr dem alten Turme, zu dessen Höhe ein Dutzend Treppenstiegen hinanführen. Viele dieser Stiegen liegen im Dunkel, andre empfangen einen Schimmer durch eingeschnittene Öffnungen, alle aber sind bedrohlich durch ihre Steile und Gradlinigkeit und machen einem die Weisheit der alten Baumeister wieder gegenwärtig, die ihre Treppen spiralförmig durch die dicke Wandung der Türme zogen und dadurch die Gefahr beseitigten, funfzig Fuß und mehr erbarmungslos hinabzustürzen.

Die Treppe frei und gradlinig. Und doch ist es ein Ersteigen mit Hindernissen: die Schlüssel versagen den Dienst in den rostigen Schlössern, und man merkt, daß die Höhe von Sankt Nikolai zu Spandau keine täglichen Gäste hat, wie Sankt Stephan in Wien oder Sankt Paul in London. Endlich sind wir an Uhr und Glockenwerken vorbei, haben das Schlüsselbund, im Kampf mit Großschlössern und Vorlegeschlössern, siegreich durchprobiert und steigen nun, durch eine letzte Klappenöffnung, in die luftige Laterne hinein, die den steinernen Turmbau krönt. Keine Fenster und Blenden sind zu öffnen, frei bläst der Wind durch das gebrechliche Holzwerk. Das ist die Stelle, die wir suchten. Ein Luginsland.

Zu Füßen uns, in scharfer Zeichnung, als läge eine Karte vor uns ausgebreitet, die Zickzackwälle der Festung; ostwärts im grauen Dämmer die Türme von Berlin; nördlich, südlich die bucht- und seenreiche Havel, inselbetupfelt, mit Flößen und Kähnen überdeckt; nach Westen hin aber ein breites, kaum hier und da von einer Hügelwelle unterbrochenes Flachland, das Havelland.

Wer hier an einem Junitage stände, der würde hinausblicken in üppig grüne Wiesen, durchwirkt von Raps- und Weizenfeldern, gesprenkelt mit Büschen und roten Dächern, ein Bild moderner Kultur; an diesem frostigen Dezembertage aber liegt das schöne Havelland brachfeldartig vor uns ausgebreitet, eine graubraune, heideartige Fläche, durch welche sich in breiten blanken Spiegeln, wie Seeflächen, die Grundwasser und übergetretenen Gräben dieser Niederungen ziehen. Wir haben diesen Tag gewählt, um den flußumspannten Streifen Landes, der uns auf diesen und den folgenden Seiten beschäftigen soll, in der Gestalt zu sehen, in der er sich in alten, fast ein Jahrtausend zurückliegenden Zeiten darstellte. Ein grauer Himmel über grauem Land, nur ein Krähenvolk aufsteigend aus dem Weidenwege, der sich an den Wasserlachen entlangzieht, so war das Land von Anfang an: öde, still, Wasser, Weide, Wald.

Freilich, auch dieses Dezembertages winterliche Hand hat das Leben nicht völlig abstreifen können, das hier langsam, aber siegreich nach Herrschaft gerungen hat. Dort zwischen Wasser und Weiden hin läuft ein Damm, im ersten Augenblicke nur wie eine braune Linie von unserem Turm aus bemerkbar; aber jetzt gewinnt die Linie mehr und mehr Gestalt; denn zischend, brausend, dampfend, dazwischen einen Funkenregen ausstreuend, rasseln jetzt von zwei Seiten her die langen Wagenreihen zweier Züge heran und fliegen ? an derselben Stelle vielleicht, wo einst Jaczko und Albrecht der Bär sich trafen ? aneinander vorüber. Das Ganze wie ein Blitz!

Der Tag neigt sich; der Sonnenball lugt nur noch blutrot aus dem Grau des Horizonts hervor. Ein roter Schein läuft über die grauen Wasserflächen hin. Nun ist die Sonne unter, die Nebel steigen auf und wälzen sich von Westen her auf die Stadt und unsere Turmstelle zu. Noch sehen wir, wie aus dem nächsten Röhricht ein Volk Enten aufsteigt; aber ehe es in die nächste Lache niederfällt, ist das schwarze Geflatter in dem allgemeinen Grau verschwunden.

Das Havelland träumt wieder von alter Zeit.

Quelle: Fontane, Theodor
Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Ost-Havelland, Berlin 1873

Nun ist auch die erste Melisse bei Jürgen Lindner angekommen. Daniel Ladwig hat sie gerade verschickt. Jürgen Lindner war Kantor im Evangelischen Johannesstift und ist Mitinhaber der Namensmarke „Albert-Schweitzer-Tee“

Inhaber der Marke „Albert-Schweitzer-Tee“. Jürgen Lindner (r.) und Frank Bürger in den Bürgerstuben Spandau. Foto: Joanna Bürger

Musik spielt im Leben Schweitzers eine ganz wichtige Rolle. Deshalb begeisterte sich Stiftskantor Lindner für Idee, im evangelischen Johannesstift den 100. Geburtstag Schweitzers zu feiern.

Der 16. Mai 2024 war ein besonderer Moment in der Geschichte der Deutsch-Polnischen Nachrichten mit Albert Schweitzer. Denn in den Räumlichkeiten der evangelischen Weihnachtskirche in Spandau wurde nun die endgültige Rezeptur für den „Albert-Schweitzer-Tee“ festgelegt. Dafür zuständig im deutschlandweit kooperierenden Team war die Berlinerin Carolin Richter. In der Endauswahl, die sie mit mir als Inhaber der Namensmarke traf, standen drei neu gemischte Teesorten. Gemeinsam wurde probiert. Und letztendlich legten wir uns fest. Die Marke beinhaltet Melisse, Süßholz, Passionsblume und Honig.

By Frank Bürger von  • Bearbeiten

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Caroline Richter mit der ersten Tasse vom Albert-Schweitzer-Tee

Damit geht die Reise weiter von Schwetzingen aus in Richtung Zerben.

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