Zeitenreise in Basel

„Onkel Hellmut“ mit einer einzigartigen Zeichnung von Albert Schweitzer

Berlin. Die Autorin Carla Thompkins hat die Deutsch-Polnischen Nachrichten inspiriert eine Reise nach Basel zu machen. Die Biografie „Opa, Onkel Hellmut, Castadarrow und ich“ führt zum Onkel der Autorin, einem Freund des Genies Albert Schweitzer.

Von Frank Bürger

Der Weg von Berlin nach Basel ist ein weiter. Doch wann gibt es noch die Möglichkeit jemanden zu treffen, der dem Genius Albert Schweitzer persönlich in die Augen geschaut hat. Und was die wenigstens wissen: Albert Schweitzer weilte mehrmals bei der Familie Cramm in Schwetzingen. Sie wohnten in der Carl-Theodor-Straße. Die Urgroßeltern von Carla Thompkins hatten die Wohnung 1870 gemietet. Die ersten Kapitel ihrer Biografie widmet sie der Festspielstadt, die auch ihren Onkel prägte.

Noch dazu wird nun deutlich: In den 50er Jahren gab es einen „Albert-Schweitzer-Club“ in der Festspielstadt. Ich hatte vor dem Besuch in Basel über Verwandte anfragen lassen bei Geschichtskennern der Stadt: Doch davon wusste niemand etwas. Hellmut Cramm ist auch heute in seiner Baseler Wohnung sehr erstaunt. „Das kann doch nicht sein“, sagt er leise. Er betrachtet nachdenklich eine Zeichnung von Schweitzer. „Er hat sie mir geschenkt“, berichtet er. Und er ist sehr stolz auf sie. „Onkel Hellmut“ studierte in Heidelberg. Er erlebte die Neuordnung des Hebel-Gymnasiums und lächelte dabei. Ein Kreis von fünf, manchmal sechs Studenten begannen sich für Albert Schweitzer zu interessieren.

Auch die Begegnungen in Gunsbach waren besondere

In Kayserberg geboren, kommt er mit sechs Monaten 1875 nach Gunsbach. Sein Vater ist dort 50 Jahre lang Pfarrer bis 1925. 1928 baut Albert Schweitzer sein Haus in Gunsbach, wo er sich während seiner langen Aufenthalte in Europa erholt.

Es ist so geblieben, wie der Doktor es 1959 bei seinem letzten Aufenthalt in Europa verließ. Man kann dort sein Arbeitszimmer, sein Schlafzimmer, sein Klavier, das Friedensnobelpreisdiplom (1952), diverse Erinnerungsstücke aus Afrika sehen. L’Association Internationale pour l’œuvre du Docteur Albert Schweitzer de Lambaréné (AISL) machte daraus das Zentralarchiv und das Albert Schweitzer Museum.

„Wir waren öfters in Straßburg und Gunsbach. Dort saßen wir bei Schweitzer im Garten, wir lauschten auch seinem Orgelspiel“, so Hellmut Cramm.

Der Weg führt nach Schwetzingen

Verbindendes Glied war der Schwetzinger Kantor Ernst Wacker. Bereits als Jugendlicher wurden ihm in Edingen bei Heidelberg Organisten- und Chorleiterdienste in der Heimatgemeinde übertragen. Wacker erhielt als Schüler Orgelunterricht bei Ludwig Mayer, dem Kantor der Mannheimer Trinitatiskirche und legte 1943 am humanistischen Gymnasium in Heidelberg seine Abiturprüfung ab. Nach zweijährigem Kriegseinsatz nahm er 1945 das Studium am Kirchenmusikalischen Institut in Heidelberg auf. Zu seinen Lehrern gehörten u.a. Poppen, Fortner und Siegfried Hermelink; von letzterem empfing er starke Impulse für seine eigenen Forschungen zum Werk Bachs. Begleitend studierte er Musikwissenschaft und Theologie an der Universität Heidelberg. Mit seinem Kommilitonen Enrico Raphaelis, dem langjährigen Bezirkskantor in Lörrach, verband ihn eine lebenslange Künstlerfreundschaft. Nach einer ersten Kantorenstelle in Schwetzingen wurde Ernst Wacker 1959 die neu geschaffene Bezirkskantorenstelle an der Stiftskirche in Lahr übertragen.

Diese Forschungen brachten ihn und die fünf Studenten mit Albert Schweitzer zusammen.

Auch Carla Thompkins durfte Schweitzer persönlich erleben, und das in Schwetzingen. So beschreibt sie es in ihrer Biografie. „Ich bi de Albert Schwizzer, kanscht Onkel Berti zu mir sage“, schreibt sie.

Und folgende Worte richtete Onkel Berti an Hellmut: „Es sind nun schon einige Jahre her, dass du und dein Freund bei mir im Garten in Günsbach gezeltet habt. Du hattest damals so viele Fragen, und ihr habt auf meinem Handklavier gespielt. Das war 1952. Dann gingst du nach Amerika, nach Yale, warst sogar mit Martin Luther King im Gefängnis, weil du so ernsthaft mitmachtest. Habe gehört, sie nannten dich den deutschen Kennedy, was dir hoffentlich nicht zu Kopf gestiegen ist.  Dein Theologiestudium hast du dort abgeschlossen und auch brav Medizin draufgesetzt. Jetzt bist du wieder in der Kurpfalz und hast netterweise den ,Albert-Schweitzer-Club` in Schwetzingen gegründet, um meine Projekte zu unterstützen…“

Begegnung mit Martin Luther King

Hellmut Cramm schildert den verwirrenden Weg nach Yale, zur Elite-Uni der USA. Und er hat das gehört, live, wovon ein jeder Theologe, Philosoph und Ethiker träumt:

„I have a dream“…es ist der Titel einer berühmten Rede von Martin Luther King, die er am 28. August 1963 beim Marsch auf Washington für Arbeit und Freiheit vor mehr als 250.000 Menschen vor dem Lincoln Memorial in Washington, D.C. hielt. Die Rede fasste die wichtigsten damals aktuellen Forderungen der Bürgerrechtsbewegung für die soziale, ökonomische, politische und rechtliche Gleichstellung der Afroamerikaner in Form einer Zukunftsvision für die Vereinigten Staaten zusammen. Sie drückte Kings Hoffnung auf zukünftige Übereinstimmung zwischen der US-amerikanischen Verfassung, besonders deren Gleichheitsgrundsatz, und der gesellschaftlichen Realität aus, die weithin von Segregation und Rassismus geprägt war.

Diese wurde zu einer der meistzitierten Reden Kings, die seine Auffassung des American Dream beispielhaft repräsentierte.

Hellmut Cramm saß neben einer Schwetzinger Größe auf der Schulbank. Erwin Stemmle war immer wieder bei ihm. „Schon in der Schule wollte er Journalist werden“, sagt er.

Gründungspräsident des RC Schwetzingen-Walldorf war Erwin Stemmle. „Im Jahr 2005 hat unser Club die Patenschaft für die Gründung zweier weiterer Rotary Clubs übernommen: den RC Schwetzingen-Kurpfalz und den RC Hockenheim!“, so auf der Homepage der Rotarier.

Auch ich hatte das Glück, Dr. Erwin Stemmle, den Gründungsvater kennenzulernen. 40 Jahre lang hat er als Verleger und Chefredakteur die Entwicklung der Schwetzinger Zeitung geprägt. Vorsitzende war unter anderem auch Andrea Gadamer, ehemalige Schwetzinger Amtsgerichtspräsidentin. Sie ist Tochter des weltberühmten Philosophen Hans-Georg Gadamer, den ich über meinen Musiklehrer im Europäischen Hof während einer Veranstaltung des Richard-Wagner-Verbandes Heidelberg persönlich kennenlernen durfte.

Am Anfang, ich gebe es zu, las ich mit staunenden Augen die Biografie von Carla Thompkins…

Nach dem Besuch in Basel wird vieles klarer, verständlicher.

Es gibt noch viele historische Themen, die angeschnitten wurden, die mich beschäftigen.

Auch theologisch sehr interessant

„Tante Carla begleitete während des Zweiten Weltkrieges Kinder nach Straßburg und wurde 1944 während eines Fliegerangriffs von einer Bombe getroffen. Opi war in der Lage, seine schwer verletzte Tochter in das heimatliche Krankenhaus nach Schwetzingen zu transportieren. Sie hatte aber so schwere Verbrennungen, dass sie vierzehn Tage lang ununterbrochen schrie bis zu ihrem Tod. Man hörte ihre Schmerzensschreie bis auf die Straße. Es gab kein Betäubungsmittel, das man ihr gegen die Schmerzen hätte geben können.“

Die Frage, die sich auch die gläubige Autorin stellt: Wo bleibt der gerechte Gott…

In einem Mailwechsel habe ich meine Gedanken sortiert…Eine Antwort finde ich auch keine…Aber viele hoffnungsvolle Impulse im Leben, im Leben Schweitzers, Luther-Kings, Cramms und vieler anderer.

Das Buch ist auch in dieser Hinsicht sehr empfehlenswert

  • Opa, Onkel Hellmut, Castadarrow und ich
  • Reihe Biografie 1
  • Verlag: Der Erzählverlag
  • Artikelnr. des Verlages: 79-3162
  • Seitenzahl: 128
  • Erscheinungstermin: April 2022
  • Deutsch
  • ISBN-13: 9783947831623
Wichtige Gespräche in Basel

Hinterlasse einen Kommentar