
Berlin. Die Deutsch-Polnischen Nachrichten wieder auf den Spuren des Künstlers Manfred Pietsch…dieses Mal Galerie und Kunsthandel Weise in Chemnitz.
Von Frank Bürger
Immer wieder auf Spurensuche…dieses Mal wieder auf den Spuren des verstorbenen Künstlers Manfred Pietsch. Vom 26. Februar bis 5. April 2025 sind seine Werke bei „Galerie und Kunsthandel Weise“, Innere Klosterstraße 11, 09111 Chemnitz zu sehen. Öffnungszeiten und Infos unter https://www.galerie-weise.de/de
Hier zur Biografie von Manfred Pietsch (Text der Galerie)
Der Text handelt von Manfred Pietsch und ist von seiner geschiedenen Frau verfasst. Es handelt sich hier um den Katalogtext aus den Katalog der Chemnitzer Ausstellung.
Die Ausstellung wird am 26.Feburar um 19 Uhr eröffnet.
Der Maler Manfred Pietsch
Wie Euer Vater wurde, was er war – für Sebastian und Undine
(Dr. Karla Münch-Röhner)
Vor einigen Tagen gratulierten wir, Jürgen und die Exfrau, dem Maler und Grafiker Manfred Pietsch zum 79. Geburtstag. Aber dazu mussten wir die onkologische Station des Berliner Hedwig-Krankenhauses aufsuchen! Einen Tag später wurde dem Patienten im ausführlichen Arztgespräch klar und krass mitgeteilt: Etwa zwei Jahre bleiben noch, sofern die jetzt eingeleiteten therapeutischen Maßnahmen ansprechen werden, aber es gibt auch Wunder ….
Dieser Schreck bestärkte mich in der schon längst gefassten Idee, einmal Eures Vaters Weg zur Malerei zu beschreiben. Zu Beginn der 60er Jahre konnte ich ja wie kein anderer seine Anfänge auf dem Gebiet der Bildenden Kunst – so hieß es in der DDR als Sammelbezeichnung – unmittelbar miterleben. Wichtigster Meilenstein auf diesem Weg war zweifellos zu Beginn des Jahres 1977 die schwerwiegende Entscheidung, die zum höchst spektakulären Ausstieg aus der gut bezahlten, aber mehr und mehr als belastend und nutzlos empfundenen Berufstätigkeit führte. Das war seinerzeit ein kühner, riskanter Schritt. Wüste Unkereien von Seiten der weiteren Pietsch-Familie, besonders der im Westen beheimateten, waren die Folge. Dass es dennoch der richtige Entschluss war, wurde Jahre später wohl von niemanden mehr bestritten.
Jahrelang hatte Manfreds Gesundheit durch seinen extremen Lebenswandel schwer gelitten – morgens gegen sieben zum Dienst in das Umweltministerium bzw. später in die Bauakademie bis gegen 17 Uhr, dann Familien- und Freizeit bis gegen 22 Uhr und danach bis tief in die Nacht die eigentliche Arbeit am großen Schreibtisch. Am Wochenende wurden die Familienausflüge zum Skizzieren im Freien genutzt, führten sie doch möglichst oft zu den Sehenswürdigkeiten im Brandenburger Land. Oder die kostbare Zeit wurde lieber allein mit der Malerei verbracht, während wir zu dritt die Berliner Ausflugsziele erkundeten.
Nachdem Manfred die lange Aufnahmeprozedur in den Verband Bildender Künstler erfolgreich bestanden hatte, wirkte ein erster, ganz bescheidener Auftrag wie ein Wink. Dieser Auftrag also gab den Startschuss für das Unterfangen, ab sofort ein „Freischaffender“ zu sein, was zugleich bedeutete, äußerst sparsam zu leben, z.B. ab sofort keine Zigaretten mehr.
Vom Diplom-Ingenieur zum Maler und Graphiker?
Kreativ künstlerisch tätig zu sein, war von Anfang an Manfreds großes, inneres Ziel. Er scheint es bis heute als Auftrag zu begreifen, seine (Um-)Welt künstlerisch wiederzugeben, abzubilden. Dem folgt er seit jeher mit unglaublicher Zähigkeit, unbeirrt. Das Diplom-Ingenieurstudium gleich nach dem Abitur, ab 1954, war nie wirklich gewollt, sondern ausschließlich dem Gehorsam geschuldet, zu dem er sich gegenüber seinem zahlenden und unglaublich cholerischen Vater verpflichtet fühlte. Medizin oder Architektur hatte dieser nicht akzeptieren können („feine Pinkel“), erst recht nicht so etwas Brotloses wie Germanistik, obwohl das dem offensichtlich mehrfach begabten jungen Mann vom Deutschlehrer eindringlich empfohlen worden war. Vielleicht hätte ihm das am meisten gelegen. Jedenfalls hätte ihm mit dem damals äußerst seltenen 1,0 Abitur jede Studienrichtung offen gestanden! So aber absolvierte er 13 Semester Bauwesen, aber keinesfalls „mit links“. Dazu war die Spezialisierung Brückenbau – Statik zu anspruchsvoll. Die TH Dresden hatte nicht umsonst fachlich international einen ausgezeichneten Ruf.
Die Studienzeit genoss Euer Vater dennoch in vollen Zügen. Dresden bot in den 50er Jahren einem jungen Mann, der in Dorf und Kleinstadt sozialisiert worden war, eine Überfülle an kulturellen Anregungen. Er liebäugelte ohnehin mit einem Wechsel zur Architektur, besuchte nebenher deren Lehrveranstaltungen und fand dort vor allem einige Kommilitonen, mit denen er später bis zum Lebensende im engen Austausch stand, allen voran Walter und Chris Herzog.
Am wichtigsten für ihn waren unzählige Ausstellungsbesuche in Galerien (z.B. Kunsthandlung Kühl), Antiquariaten, Museen bis zu einer freundschaftlichen Beziehung mit dem Maler Ernst Hassebrauk. Diesen ehemaligen Leipziger Professor, der ein imposantes Atelier auf dem Weißen Hirsch innehatte, suchte er etwa im dritten Studienjahr mit dem Wunsch auf, von ihm porträtiert zu werden. Hassebrauk war sehr überrascht über dieses Ansinnen eines jungen Mannes und kam ihm zunächst mit einem freundlichen Preis entgegen. Die folgenden Porträt-Sitzungen bereiteten dem gut 30 Jahre Älteren offensichtlich großes Vergnügen, denn dieser junge Mann bewies schon eine breite Kenntnis der Kunstgeschichte, fällte erstaunlich sichere Urteile und brachte gewiss etwas von jenem Leben ins Atelier, das dem kinderlosen Ehepaar im Alter möglicherweise fehlte. So kam es zu einem engen Kontakt, der auch in den Berliner Jahren (ab 1961) nicht abriss. Im Gegenteil, jetzt ließ sich der sächsische Professor ausführlich über Politisches und die Berliner Kunstszene berichten, was M. gern, sehr prägnant und dennoch ausführlich, meist in Briefform tat. Diese Briefe hatten neben einer ironischen und zeitkritischen Seite, durchaus literarische Qualität. Sie könnten heute gut über die damaligen Verhältnisse Auskunft geben.
Manfred war glücklich, sobald er Zeit zum Zeichnen/Skizzieren fand. Das geschah in den ersten Ehejahren regelmäßig auf unseren Fahrten zu den verschiedensten Zielen im Brandenburger oder Sachsen-Land. Das Skizzieren vor Ort behielt er bis zuletzt bei, die sorgfältig gesammelten Skizzenbücher bezeugen es. Nach ersten Aquarellstudien zu Hause bzw. dem Übertragen seiner Eindrücke in andere Techniken und auf größere Formate, versuchte er auch das Aquarellieren vor Ort. Der Aufwand hierzu war naturgemäß wesentlich größer, doch für diese Zwecke war ihm keine Schlepperei zu viel. Ich konnte nur immer staunen, mit welcher Sorgfalt und Umsicht er sich diesen Prozeduren stellte, wie viel Geschicklichkeit dazu gehörte, all diese Materialien schadlos zu transportieren. Das häufige Malen und Skizzieren waren zweifellos das Wichtigste auf dem Weg zu künstlerischer Meisterschaft. Was sich mir auch stark einprägte, waren Manfreds Ausreißer in die Skulptur bzw. Plastik. Ihr kennt sie, die bemalten Steinskulpturen, die Fische, Krokodile und anderes Getier aus Meeresholz.
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Begleiter auf dem Weg zur Künstlerschaft
Ein wichtiger Türöffner in die Berliner Kunstszene war 1964 ein Besuch bei dem Maler Horst Zickelbein auf Anregung von Prof. Lothar Lang, der als Nestor für junge, aufstrebende Künstler in Ost-Berlin und Autor der Zeitschrift Weltbühne wirkte. Nach diesem ersten gemeinsamen Atelierbesuch wagten wir viele weitere, die häufig mit einem Kauf zu Ende gingen, wie z. B. bei der Textilgestalterin Annegret Flierl oder beim Bildhauer Werner Stötzer. In lebhaftester Erinnerung sind mir besonders die Besuche bei Carl Friedrich Claus im Erzgebirge, bei Ernst Lewinger in Dresden, in Leipzig bei Albert Wigand und bei den Berlinern Konrad Knebel, Günter Horn, Dieter Goltzsche und Charlotte Pauly.
Ungemein wichtig war in dieser Zeit auch der Kontakt zu dem nur Insidern bekannten Maler Gerhard Altenbourg in Altenburg. Die Autofahrt zu ihm wurde für M. zu einer ganz wesentlichen Begegnung und Anregung.
Zum Glück hatten wir damals schon Anfang der sechziger Jahre Kontakte zur Malerfamilie Metzkes, die ich von Anfang an maßlos bewunderte. Neben Dieter Goltzsche übernahm
Harald Metzkes die Rolle als Bürge für die Verbandskandidatur. Jahrelang hatte Manfred in Metzkes Atelier oder auch bei unseren Besuchen im Garten intensive Gespräche über dessen Bilder mit ihm geführt – wir saßen ja sogar nacheinander bei ihm Modell für die beiden großen Ölbilder –, bis er es einmal wagte, seine eigenen Arbeiten vorzulegen. Dann gab H.M. einige Hinweise zur Auswahl seiner Arbeiten, die bei der Bewerbung um Verbandsaufnahme vorzulegen waren und schließlich erklärte er sich einverstanden, als Bürge für ihn anzutreten. Goltzsche dagegen war sofort bereit zu dieser „Tat“.
Mit dem Architektenehepaar Walter und Chris Herzog verband uns von Beginn an eine enge Freundschaft.. Sie initiierten 1966 die erste Ausstellung für die jungen Maler Falko Warmt, Walter Herzog und Manfred Pietsch im Dresdner Club der Intelligenz. Daraus folgten viele wichtige und anregende Kontakte. Allen voran sind die Riemanns vom Kabinett der Handzeichnungen an der Nationalgalerie zu nennen, beide Kunsthistoriker. Immerhin erwarben sie nach einigen Jahren näheren Kennenlernens mehrere Arbeiten von M. für ihr Kabinett – eine sehr ehrenvolle Sache für ihn bis heute!
Manfred suchte von Anfang an sehr intensiv den Austausch mit Maler-Kollegen, sobald er durch sein Freischaffend-Sein die Möglichkeit dazu hatte. Regelmäßig nahm er die Pleinair-Einladungen des Verbands wahr, von denen er eigentlich immer sehr angeregt und zufrieden heimkehrte. Mit den zumeist jungen, noch nicht arrivierten Künstlern und vor allem auch Künstlerinnen, die er dort traf, blieb er dann häufig in gutem Kontakt. Den engsten pflegte er aber zweifellos zu Hans-Otto Schmidt, mit dem er eine Zeit lang sogar gemeinsames Modellzeichnen und -malen praktizierte. Die weit gediehenen Pläne, seinen Lebensmittelpunkt – wie zahlreiche Kollegen – ins Berliner Umland zu verlegen, um eine bessere Ateliersituation zu schaffen, verwarf Manfred schließlich.
Die Suche nach adäquatem Wohnraum und Atelier führte 1986 zum Vorschlag unserer juristischen Trennung, um als Geschiedener mit einer Atelierwohnung versorgt zu werden (damals zog man eben die Wohnungsblöcke mit Dach-Atelierwohnungen in der Französischen Straße hoch), hatte ich allerdings nie und nimmer erwartet. Dieser „Schachzug“ klappte ja dann auch umgehend (Scheidung am 5.12.1986 – Wohnungszuweisung im Februar 1987), ein Supertempo für DDR-Verhältnisse!
Obendrein hatte Manfred einen echten Freund und Lebensgefährten, Jürgen Schneider, gefunden, der seine Kunst mit größerem Enthusiasmus und mehr Einflussmöglichkeiten zu fördern vermochte. Das ist BIS HEUTE SO, UND DAS IST AUCH GUT SO!
Fotos: (Abbildung Foto und Bildrechte Jürgen Schneider)



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