„Ich steh an deiner Krippen hier“

Krippe in Herdtlinsweiler

Berlin. Das Jahr 2024 neigt sich zu Ende. Zeit Atem zu holen und auch „gruselige Geister“ hinter sich zu lassen.

Von Frank Bürger

Wir befinden uns bis Mariä Lichtmess im Weihnachtsfestkreis. Das Fest der Familie klingt nach, das Kalenderjahr neigt sich zu Ende. Zeit für Rückblick und Ausblick. Beides ist sehr intensiv. Im ZDF-Fernsehgottesdienst drehte sich am Sonntag vor dem Jahreswechsel in München vieles um Ängste.

Perchtenmaske. MatthiasKabel/Wikipedia

Hier tauchten sie auf…die Perchten…

Perchten sind Gestalten des bayrisch-österreichischen-alpenländischen Brauchtums, die sich in mehreren verschiedenen Varianten und unterschiedlichen Charakters zeigen und vor allem in der Zeit von Ende November bis Januar zuordnen lassen.
Die „bösen“ Schiachperchten, die der Sage nach, den Winter und die bösen Geister des Winters und das alte Jahr mit ihrem wichtigsten Utensil, ihren umgehängten Glocken, austreiben sollen und die guten Schönperchten, die wieder Licht, Sonne und Fruchtbarkeit in das Land bringen sollen.
Beide Vatianten gehören aber unweigerlich zusammen um die Ernährungs-, Sauberkeits- und Arbeitsvorschriften für diese Tage zu überwachen.
Während die Schiachperchten oft in großer Zahl und mit großem Gefolge in der Nacht auftreten, erscheinen die Schönperchten am Tage und wünschen den Dorfbewohnern Glück und Segen.

Schon um 500 n. Chr. werden zu Kalenderfeiern (römisch-germanische Neujahrs- und Weihnachtsfeste) lärmende Umzüge mit Masken dämonischer Weiber, heidnischer Göttinnen und zahmer Tiere gemeinsam mit anderen Gebräuchen und Sitten betrieben und von Caesarius von Arles beschrieben.
Ebenso wird die Percht mit der Wilden Jagd in Verbindung gebracht.
Ob und inwieweit das Perchtenlaufen auf heidnische Bräuche zurückgeht, ist jedoch umstritten.
Erst viel später entwickelte sich die Bezeichnung Percht daraus.

Zu Beginn des Mittelalters und der fortschreitenden Christianisierung im Alpenraum wurde dann zunehmend als Gestalt der Domina Perchta oder Frau Welt mit ihren sieben Hauptlastern diese mit der Percht in Verbindung gebracht.
Christian Gottlob Haltaus bringt 1729 den Perchttag mit der Göttin Perchta in Zusammenhang.

Erst mit der Säkularisation und einer sich ändernden Einstellung zur Volkskultur im 19. und nochmals Ende des 20.Jahrhunderts erlebte die Perchtenkultur eine Renaussance.

Bis heute finden in Österreich, Südtirol, der Schweiz und im Süden Deutschlands die Perchtenläufe in der Nachweihnachtszeit (den sogenannten Rauhnächten) von Heiligabend bis Dreikönigstag statt.
Traditioneller Weise haben Perchten eigentlich nur in dieser Zeit etwas mit Brauchtum zu tun.

Quelle: brauchnet.com

Auch zum Schulanfängergottesdienst drehte sich in der Evangelischen Weihnachtskirche alles rund um die Ängste…ein so wichtiges Thema.

Dagegen steht die Hoffnung von Weihnachten, die Blick auf Epiphanias hin, das Kommen der Heiligen drei Könige. Vor allem in der Schule, bei den Sternsingern und Gottesdienste ein Thema, wenn es nicht schon eines war.

Eine ganz besondere, auch politisch interessante „Krippenschau“ kann der Besucher in dem beschaulichen Herdtlinsweiler erleben, mit besonderer Note.

In der Dorfmitte von Schwäbisch Gmünd-Herdtlinsweiler wurde auf ehrenamtlicher Basis eine Kapelle gebaut, die eigentlich schon vor über zweihundertfünfzig Jahren geplant war.

Ein Kirchenneubau ist heutzutage in Deutschland eine kleine Sensation, zumal er in Herdtlinsweiler nur dank Spenden und ehrenamtlicher Arbeit von Bewohnern des kleinen Orts und durch den Staufersaga-Verein ermöglicht wurde. Auch der Maler und Zeichner Hans Kloss unterstützte das Projekt mit einem Gemälde an der neogotischen Westfassade.

Originalbriefe belegen, dass bereits Mitte des 18. Jahrhunderts eine Baugenehmigung für die Kapelle in Herdtlinsweiler bei Weiler in den Bergen, einem Teilort von Schwäbisch Gmünd vorlagen. Am 22. November 1743 schrieb Dekan Johann Sebastian Kolb einen Brief an den Augsburger Generalvikar Johann Adam Nieberlein, in dem er um Erlaubnis zum Bau einer Kapelle in „Herrlis-Weiler“ für ungefähr fünfzig Personen bat, weil dort „ohnedem kein andere Kirchen oder Capellen würklich stehet“ und es im Winter im Schnee „schwehrlich oder gar nit“ möglich sei, in die Mutterkirche in Weiler zu kommen. – Mit Schreiben vom 5. Dezember 1743 wurde dies genehmigt, aber aus unbekannten Gründen niemals umgesetzt.

Im Frühjahr 2013 wurde der „Kapelle in Herdtlinsweiler e.V.“ gegründet, der am 6. Oktober 2013 den Grundstein des Kapellenneubaus legte.

Erste Handskizze von Stephan Kirchenbauer-Arnold

Idee und Pläne für dieses Bauvorhaben stammten von Stephan Kirchenbauer-Arnold, dem 2012 im Alter von 52 Jahren verstorbenen früheren persönlichen Sekretär von Diane Herzogin von Württemberg, der zuletzt in Herdtlinsweiler lebte. Er war Autor und Regisseur der Staufersaga, eines Open-Air-Theaterstücks zum 850. Stadtjubiläum von Schwäbisch Gmünd.

Von seinen Reisen hat Kirchenbauer-Arnold einiges für die Innenausstattung der Kapelle mitgebracht. Zwei Fenster stammen aus Portugal, von den Philippinen kommt die Holzdecke, bei einer von einer Antiquariat gekauften Madonna aus dem 17. Jahrhundert ist die Herkunft nicht klar. Herzogin Diane malte die drei Fenster in der nördlichen Apsis.

Anfang April 2016 begann Kloss mit der Bemalung der Westfassade. Als erstes musste ein Gerüst errichtet werden, von dem aus sich der Künstler zunächst mit der Struktur des Putzes vertraut machen musste. Eine der Schwierigkeiten besteht darin, dass es unmöglich ist, auf dem Putz gerade Striche zu malen.

Kloss orientierte sich an klassischen Gemälden und fand dies besser, als etwas Modernes zu erfinden, das womöglich keiner versteht.

Wenn man die bereits realisierten Teile mit dem Entwurf weiter oben vergleicht, sieht man, dass Hans Kloss wie sehr häufig bei der Realisierung neue Ideen hat und das Projekt anders, als im ersten Ansatz geplant, umsetzt.

Am Christi-Himmelfahrts-Donnerstag, dem 5. Mai 2016, wurde aufgrund fehlender Parkplätze und der erwarteten hohen Besucherzahl die Zufahrtsstraße von Schwäbisch Gmünd-Weiler nach Herdtlinsweiler für den Verkehr gesperrt. Um 10 Uhr startete in Weiler eine Öschprozession nach Herdtlinsweiler Öschprozessionen oder Flurprozessionen finden an Christi Himmelfahrt in vielen katholischen, ländlichen Gemeinden auf den Feldfluren statt. Das Wort ist abgeleitet vom altdeutschen esch, das Getreideteil der Gemarkung bedeutet.

In Herdtlinsweiler angekommen, nahm Münsterpfarrer Robert Kloker die Segnung der Christi-Himmelfahrts-Kapelle vor. Kapellen, in denen keine regelmäßigen Gottesdienste und Eucharistiefeiern stattfinden, werden im Gegensatz zu Kirchen nicht geweiht, sondern gesegnet.

Quelle: Website von Hans Kloss

Etwas genauer hingeschaut in der Stuttgarter Zeitung:

Der Mann, den alle nur „den Stephan“ nennen, hat die Kirche zusammen mit dem Architekten Christian Preiß entworfen. Der Stephan hat über viele Jahre ein Großteil des Interieurs in aller Welt zusammengesammelt. Das Porträt von Stephan thront über dem Kircheneingang, er ist umringt von Indianern, Cowboys, Schwarzafrikanern, Chinesen – von Menschen aller Kontinente. Der Stephan wäre begeistert. Aber er ist tot. Am 17. Dezember 2012 erlag Stephan Kirchenbauer-Arnold – Künstler, Musiker, Autor, Tausendsassa und Lebenspartner des Gmünder Oberbürgermeisters Richard Arnold – im Alter von 52 Jahren seinem Krebsleiden.

„Die Kirche gehört ins Dorf“, habe sein Partner immer gesagt, erinnert sich Richard Arnold. Der Mann, der Kirchenbauer hieß, wollte gerne ein Kirchenbauer werden. Mehr als 15 Jahre haben die beiden miteinander verbracht, intensive Jahre. Neun Jahre davon haben sie im weltläufigen Brüssel gelebt, wo der CDU-Politiker die baden-württembergische Landesvertretung leitete. Doch die letzten drei Jahre vor Kirchenbauers Tod, nach Arnolds Wahl zum Rathauschef seiner Heimatstadt Schwäbisch Gmünd, waren sie in Herdtlinsweiler daheim.

Und zu Diane von Württemberg, da führen die Spuren nach Brasilien.

Das künstlerische Schaffen ist für Herzogin Diane von Württemberg bereits seit ihrer Kindheit eine große Leidenschaft; mehr noch – ein Lebensinhalt.

Schlägt man heute unter dem Begriff »Adel« im Lexikon nach, so steht dort zu lesen, dass in Deutschland im Jahr 1918 alle Vorrechte des Adelsstandes abgeschafft und Neuverleihungen von Adelstiteln verboten wurden. Weil namensrechtlich die Fortführung des Titels jedoch erlaubt blieb, heißen die Nachkommen der einstigen Landesfürsten auch heute noch gleich wie ganze Landesgebiete: „Prinz von Hohenzollern“ etwa, oder auch „Herzogin von Württemberg“.

Zwar reicht ein solcher Name alleine heutzutage nicht mehr aus, um sich den Respekt der Mitbürger zu sichern, manche der ehemaligen Monarchen erweisen sich jedoch durch ihre Arbeit und ihr öffentliches Wirken als besonders achtenswert. Zu dieser Gruppe zählt ganz ohne Zweifel auch Diane Herzogin von Württemberg (eine geborene Prinzessin von Frankreich), die übrigens keine geringere wäre als die Königin von Württemberg – gäbe es die Monarchie noch. Allein ihr großes caritatives Engagement wäre Grund genug, bewundernde Worte über sie zu verlieren, hinzu kommen aber noch ihr warmherziger Charme, ihr Esprit und – nicht zuletzt – ihre enorme Kreativität in künstlerischer Hinsicht.

Für die Herzogin ist Kunst nämlich schon seit ihrer Kindheit eine große Leidenschaft. Dabei hat sie ihre Kindheit unter recht mysteriösen Umständen verbracht: Weil ihre Familie damals im republikanisch regierten Paris unerwünscht war, war sie in ihren jungen Jahren nämlich stets auf Reisen und war von einer stetigen Aufbruchstimmung geprägt. Diese muss ihren Teil sicherlich dazu beigetragen haben, dass sich die Prinzessin im Alter von 14 Jahren in der Kunst ein erstes, bleibendes Zuhause schuf. Ihre ersten kreativen Ausdrücke realisierte Herzogin Diane im Medium der Malerei, ihre Leidenschaft war und blieb über viele Jahre hinweg die Stoffmalerei. Bald endlich wieder in Frankreich lebend, lernte Diane als junge Prinzessin dann ihren späteren Ehemann, Herzog Carl von Württemberg, kennen. Mit ihm zog sie schließlich in den heutigen Stammsitz der Familie in Altshausen bei Ravensburg. Um 1980 nahm auch ihr lange gehegter Wunsch, in drei Dimensionen – also bildhauerisch – tätig zu werden, konkrete Formen an: Die mittlerweile sechsfache Mutter besuchte einen Modellierkurs der Stuttgarter Bildhauerin Hanne Schorp-Pflumm, und bereits hier zeigte sich ihre spätere Vorliebe für die Arbeit mit Metall, speziell der Bronze.

Aus diesem Metall entstanden im Laufe der folgenden Jahre viele großformatige Werke – das imposanteste wohl mit der „Geburt der Isis“, die sich heute im Skulpturenpark des Schlosses von Altshausen befindet. »Meine Inspirationen kommen spontan, aus dem Herzen. Ich möchte dem Betrachter meiner Werke Freude, Zärtlichkeit und Spiritualität schenken«, so die Worte der Künstlerin selbst.

Quelle: https://www.altshausen.de/de/freizeit-tourismus/altshausen-erleben/kunst-in-altshausen

Noch ein kleiner Nachschlag. Auch der afroamerikanische Künstler Noah Davis beschäftigte sich mit der Figur der Isis. Zu sehen gerade in der Ausstellung im Potsdamer Kunstmuseum MINSK

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