Kunst und Poesie verändern die Welt

Armin Schubert mit einer Engelsmappe. Quelle: Armin Schubert

Berlin. In Schlagenthin begegnete mir der Name Armin Schubert. Seine Prämisse: Kunst und Poesie verändern die Welt.

Von Frank Bürger

„Wer kann das schon, einen Engel erkennen, wo doch so viele Menschen sagen, einen Engel gäbe es nicht. Nun, die Kinder aus Schlagenthin und Umgebung können etwas anderes erzählen. Ich auch. – Doch der Reihe nach.

Von Luther kennen wir den Morgensegen, der da endet: „Dein heiliger Engel sei mit mir, dass der böse Feind keine Macht an mir finde.

Amen.

Und alsdann mit Freuden an dein Werk gegangen und etwa ein Lied gesungen..“

Und genau das haben wir alle, die Kinder und die Begleiter der Kinder, bei der Arbeit an einem Taufengel für die Kirche in Schlagenthin erlebt.

Kara Huber hatte die Idee, dass die Kinder Hüter ihrer Kirche sein können.

Also haben wir die Kinder aus der Gegend eingeladen, mit uns Künstlern und Kulturpädagogen, mit dem Pfarrer und den ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern sich Gedanken zu machen, wie wir die Kirche mit ihren vielen Deckenengeln gerettet bekommen, wie ein Taufengel aussehen könnte, der der Kirche sehr fehlt oder wie wir selber als Hüter der Kirche die Tore aufmachen und helfen können, den Menschen im Ort die Kirche wieder zugänglich zu machen.

Die Schriftstellerin Christa Kozik kam sogar aus Potsdam, um aus ihrem Buch „Der Engel mit dem goldenen Schnurrbart“ zu lesen und war erstaunt, wie viel Kultur es in dieser kleinen Gemeinde gibt.

Der Bildhauer Dietmar Block hat mit seinen Werkzeugen die Kinder in die Geheimnisse der Bildhauerei eingeführt und begeisterte Mitarbeiter unter den Kindern gefunden.

Holz für einige Taufengel wurde von einem Gemeindemitglied gesponsert.

In der Gruppe von Marina Block entstanden viele Engel aus Ton, die längst in der Gemeinde verteilt sind und die Botschaft hinaustragen, dass in der Kirche etwas Besonderes geschieht. Ähnlich war es in der Gruppe bei den Grafikern. Viele farbenfrohe Engel wurden unter Armin Schuberts Leitung gedruckt und verteilt.

Einen Engel haben wir nach Königslutter geschickt. Dort lebt der Pfarrer Sattler, der in schwieriger Zeit diese Kirche zusammenhielt. Für ihn ist es eine große Freude zu sehen, was nun endlich für die Kirche, in ihr und in der Gemeinde getan werden kann. An einem Projekttag haben uns die Kinder auch erzählt, wann und wie ihnen schon mal ein Engel begegnet sei. Wir haben auch debattiert, dass man einen Engel oft erst erkennt, wenn er gegangen ist. Ist es dann zu spät?

Damit das nicht so ist, haben wir uns vorgenommen, achtsamer mit allem und allen umzugehen.

Gesungen haben wir am Ende eines erfolgreichen Projekttages auch, den Titel von ABBA „I have a dream / I believe in engels“ – Ich glaube an Engel.

Wer das nicht kann, der gehe in die Kirche von Schlagenthin und schaue sich die nun restaurierte Engeldecke an. Viele Menschen haben Geld gespendet, damit die Engel gerettet werden konnten. Vieles ist sicher noch zu tun.

Aber im Frühjahr 2015 werden wir einen Taufengel in die Kirche tragen und dann sehen wir weiter, viel weiter . . .“

Das schrieb vor zehn Jahren der aus Schlagenthin stammende Armin Schubert für den „Förderverein Kirche Schlagenthin“

Am Palmsonntag 2015 feierte die evangelische Kirchengemeinde Schlagenthin mit einem Familiengottesdienst um 10 Uhr die Einweihung des Schlagenthiner Holzengels. Besonders dazu eingeladen sind alle Kinder, die an der Entstehung des Engels mitgewirkt haben. Die Predigt wurde von  Altbischof Wolfgang Huber gehalten. Er bekleidete von 1994 bis 2009 das Amt des Bischofs der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und war von 2003 bis 2009 Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland.

Weitere Archivfotos aus dem Jahr 2019 aus der Schlagenthiner Kirche

  • Sanierung Schlagenthin 1

Zeitensprung. Armin Schubert engagiert sich auch aktuell für Kunst und Literatur.

Die Bevollmächtigte des Landes beim Bund, Staatssekretärin Friederike Haase, hat zum 17. Juni die Bücherkinder Brandenburg eingeladen, ihre Arbeiten in der Landesvertretung zu präsentieren. Die Bücherkinder sind ein Projekt der Evangelischen Grundschule beim Dom zu Brandenburg. Im Jahr 2007 hat Armin Schubert die Arbeitsgemeinschaft gegründet und ist seitdem ihr Mentor und für Demokratiebildung engagiert. Fast jährlich entstehen neue Bücher, die auf verschiedenen Messen vorgestellt werden. Fortlaufend unterstützt wird das Projekt von der Pirckheimer-, der Christa Wolf- und der Anna-Seghers-Gesellschaft sowie vom Bildungsministerium und dem Landesjugendring. In der Landesvertretung werden die Bücher präsentiert, die die Bücherkinder in den vergangenen Jahren geschrieben haben.

Dabei sind Bücher wie „Pax questuosa – ein Friedensbuch“, „Die Farben der Kindheit“ und „Du liebe Hühnerkastanie“. Diese werden von Kindern sowie Vertreterinnen und Vertretern der Gesellschaften vorgelesen.

Auch die deutsch-polnische Zusammenarbeit unter der neuen Regierung ist ihm wichtig. Mit dem Buch „Farben der Kindheit“ war er in Sopot und Gdansk, mit Gerhard Wolf war er wegen Christa Wolf war er in Gorzów Wielkopolski. Er wurde 1941 im niederschlesischen Schweidnitz geboren.

Brandenburg (Havel), heutiger Wohnort von Schubert, ist ein weiterer Berührungspunkt.

Der Dom zu Brandenburg (Havel) ist eine besondere Perle in der Brandenburger Kulturlandschaft.

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Altar im Brandenburger Dom. Foto und Bearbeitung: Frank Bürger

„Der Brandenburger Dom, das sind die 1000 Jahre wechselhafter Geschichte in der Mark Brandenburg. Die beginnt mit der Widmung des Bistums Brandenburg durch Otto I., bevor im 12. Jahrhundert der Grundstein zum Dom gelegt wurde“, sagte der heutige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im vergangenen Jahr zum 850. Geburtstag des Doms gegenüber der MAZ. Und die Geschichte des Doms kreuzt sich mit der Geschichte der Reformation. Er titulierte den historischen Bau als Mutterkirche der Mark Brandenburg.

Gesicht des Jubiläums und des Lebens in und um den Dom war der Berliner Altbischof und EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber. Er ist ein Ethiker mit Format. Unvergesslich die Vorlesungen in der altehrwürdigen Heidelberger Universität zum Thema „Gerechter Krieg“ mit dem historischen Blick auf den Kirchenvater Augustinus. Unvergesslich seine Predigt zum Stuttgarter Schuldbekenntnis in der Friedenskirche zu Jauer in Polen, neben Schweidnitz die zweite Friedenskirche zu Polen.

Rüdiger Schnapp (rechts) mit dem Autor bei der Buchpräsentation in Schlagenthin. Foto: Katrin Hertwig

Wolfgang Huber spielt auch in meinem Buch zu „Kloster Götschendorf“ eine Rolle.

Norbert Kuchinke zur Seite stand Aribert Großkopf. Auch ihn lernte ich auf dem Klostergelände persönlich kennen. Er war von 1990 bis 1998 Abteilungsleiter in der Potsdamer Staatskanzlei unter Manfred Stolpe. Mit ihren Familien teilten sich Großkopf und Kuchinke ein Wochenendhaus direkt neben dem Klostergelände. Kulturinteressiert und weltmännisch tritt Großkopf auf. Mit dem einstigen EKD-Ratsvorsitzenden Wolfgang Huber hat er Kontakte, seine Frau hat dort, wo Huber lehrte, in Heidelberg studiert…

Es war die Zeit, als ich als Chefredakteur der Zeitschrift Frohe Botschaft tätig war. Es ist eine Zeitschrift verbunden mit einer großen Tradition. Sie kann auf über 120 Jahrgänge zurückblicken.

Zu den renommierten Autoren zählen unter anderem die ehemaligen EKD-Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider, sein Vorgänger Dr. Wolfgang Huber sowie Bischof i. R. Dr. Markus Dröge und der gerade ausgeschiedene EKD-Ratsvorsitzende, Heinrich Bedford-Strohm. Einst gehörte Frohe Botschaft zu den auflagenstärksten Zeitschriften in der deutschen Kirchenlandschaft. Der Krankenbrief, die aktuellen Beiträge zu Glaubens- und Lebensfragen, die Predigt- und Bildauslegungen, Geschichten für Kinder und Jugendliche möchten unterhalten, aber auch zum Nachdenken anregen. Sie sind Hilfe und Ermutigung zugleich. Ich bin froh, dass ich für diese Zeitschrift von 2009 bis 2014 die Verantwortung tragen durfte. In diese so aufregende Zeit fiel die Begegnung mit dem Kloster St. Georg in Götschendorf.

Das sind nur zwei der 13 Stellen, an denen Huber eine Rolle spielt. Zurück zur Literatur, mit der sich Schubert beschäftigt und zu seiner Biografie.

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Wolfgang Huber in der Friedenskirche zu Jauer (Polen). Foto: Frank Bürger

Zum Werdegang Schuberts:

Ihm selbst wollte man als jungen Menschen die Bildung versagen. Da sein Vater aus der Partei geschmissen wurde, durfte er in der DDR kein Abitur machen. Zum Glück hatten später weniger dogmatische Entscheider über ihn das Sagen. Sie delegierten ihn zur Arbeiter- und Bauernfakultät. So wurde Armin Schubert Lehrer und unterrichtete in Schlagenthin bei Genthin Deutsch und Musik. Auch die Bildende Kunst holte er projektreich ins Haus, das nach seinem Vorsprechen bei Helene Weigel im Berliner Ensemble den Namen Brechts erhielt. Doch der freie Geist des Theatermanns wehte nicht in allen Lehrerköpfen. Als der Dichter Franz Fühmann und die Malerin Nuria Quevedo Ende Oktober 1976 auf Einladung von Schubert in der Schule „Prometheus“ lasen und kurz darauf gegen die Ausbürgerung Biermanns ihre Unterschrift leisteten, lief Schubert Spießruten. Dass er solche feindlichen „Elemente“ an die Schule holte, zeige seine eigene feindliche Gesinnung. Den Schuberts reichte es und sie beschlossen: „Wir gehen!“ Nach Brandenburg verschlug es sie, wo Armin Schubert nun an der Bezirksnervenklinik in der Krankenhaus-Schule unterrichtete. Er setzte sich noch einmal auf die Schulbank und studierte an der Humboldt-Universität Rehabilitationspädagogik. Da seine Schwester ein behindertes Kind hatte, baute er auch familiär eine Beziehung zum Anderssein auf. Es war ein Novum in der DDR, als in der Brandenburger Petrikapelle die Ausstellung „Plastik zum Begreifen“ aus der Taufe gehoben wurde. Sie ermöglichte auch verhaltensgestörten Kindern einen ganz anderen Zugang zur Kunst, für die eigene Sinneswahrnehmung. Für Schubert stand fest, dass es mehr geben muss als Schule und Pionierorganisation, um ethisches Verhalten zu schulen. Bei Autoren wie Aitmatow, Fühmann, Grass oder Christa Wolf holte er sich „Futter“ für seinen Humanismusvorstoß. Er schrieb ein Konzept, mit dem Ziel, eine Kindergalerie zu gründen. „Die wollte ich der DDR zu ihrem 40. Jahrestag schenken.“ Doch die witterte hinter der Gabe den Wolf im Schafspelz und lehnte ab. Gab es denn etwas Besseres als die Bildung in der DDR? Nein! Also brachte ihn sein Ansinnen, Kinder mit ethischen Wertvorstellungen auszurüsten, auf die „schwarze Liste“. Später konnte er viel darüber in seinen Stasi-Akten lesen.

Franz Fühmann 1976 in Schlagenthin / Quelle: Armin Schubert

Dennoch ließ er sich nicht so einfach abschütteln. Er holte sich bei den renommierten Künstlern Ronald Paris und Barbara Henninger Beistand, die im Verband der Bildenden Künstler die Werbetrommel rührten. 150 Künstler, von Loriot bis Willi Sitte, ließen sich begeistern und spendeten Geld, Bücher und Bilder für das „Sonnensegel“-Projekt. Schließlich nahm die Stadt das Geschenk an, doch nur ohne Schubert. Die Leitung sollte von der Pionierorganisation bestritten werden. „Am 13. Dezember – pünktlich zum Pioniergeburtstag – bekam ich die Gründungsurkunde. Doch da war die Mauer schon auf.“ Armin Schubert war nun zwar der Leiter – aber er wurde nicht mehr dafür bezahlt. „Ich wurde ABM. Das war bitter.“ Doch Schubert ging nicht unter: Schließlich gibt es „Eine Arche für alle“. So benannte er auch ein großangelegtes Kunstprojekt mit Kindern und Jugendlichen im Brandenburger Dom, zu dem die damalige Bildungsministerin Marianne Birthler kam. Seine Arbeit überzeugte, und fortan hatte er wenigstens eine Teillehrer-Stelle sicher. 1991 überreichte man dem rührigen Brandenburger Verein den 1. gesamtdeutschen Kulturpreis. Zudem flossen Bundesmittel, mit denen sie ihr Vereinshaus umbauen konnten. Das hatte ihnen die Bildhauerin Ingeborg Hunzinger für 5000 DDR-Mark von der Kirche abgekauft.

Quelle: Tagesspiegel, September 2007

Und nun noch eine ganz aktuelle Note der renommierten Pirckheimer Gesellschaft, zu deren Freund und Mitglied sich Schubert zählen darf.

Die Pirckheimer-Gesellschaft wurde 1956 in Berlin von »Buchmenschen« wie Wieland Herzfelde, Arnold Zweig und Werner Klemke gegründet. Sie vereint heute rund 600 Kulturinteressierte aus Deutschland und dem Ausland, insbesondere Bibliophile, Graphik- und Exlibris-Sammler. Namenspatron ist der Nürnberger Humanist und Büchersammler Willibald Pirckheimer (1470-1530). Viermal jährlich gibt die Pirckheimer-Gesellschaft mit den »MARGINALIEN« die einzige regelmäßig erscheinende bibliophile Zeitschrift in Deutschland heraus. Vor Ort ist die Gesellschaft mit ihren Regionalgruppen aktiv. Neben dem Sammeln und Bewahren des »alten Buches« pflegen und unterstützen die Pirckheimer moderne Buchkunst und Graphik und arbeiten mit jungen Buchgestaltern und Künstlern zusammen.

„Einen würdigen Abschluss des Schuljahrs und der begleitenden Bücherkinder-Saison vermeldet Pirckheimer-Freund Armin Schubert aus Brandenburg an der Havel. „Die Texte der Kinder zu Büchern von Anna Seghers haben den Vorstand der Anna Seghers Gesellschaft so begeistert, dass sie alle in das Jahresjournal Argonautenschiff für 2024 aufgenommen wurden. Jedes Kind hat nun diese Wertschätzung in der Hand. So geht Bibliophilie in die neue Generation über“, so der Mentor der kreativen Gruppe, die seit Jahren auch von der Pirckheimer-Gesellschaft unterstützt und gefördert wird. In einem Brief an die Anna Seghers Gesellschaft schreibt der Mentor, ja, und de facto Kreativdirektor der Bücherkinder zudem voll Dank: „… heute war der letzte Schreibtag vor den Sommerferien und am Ende gab es dann die Büchergeschenke. Auf den Tischen lagen wahlweise Texte oder Kopien zu Kant 300, zum Regenbogen mit Arche, zu Jurek Beckers Ein Baum, was ist das schon und von Maja Lunde Die Geschichte der Bienen. Bei der Hitze war es erstaunlich, dass die Kinder am Nachmittag sich solchen Themen noch genähert haben. (…) An die Anna Seghers Gesellschaft nun unseren Dank mit Fotos, denn am Ende gab es das Argonautenschiff. Juhu! Die anderen Kinder sind am Gymnasium, die werde ich nur noch privat sehen und ihnen das Journal schenken. Jedenfalls war die Freude groß, denn es hieß sofort: ‚Und wo ist mein Text?‘ Bitte sagen Sie allen unsern Dank, dass wir nun so geehrt wurden …“ Die Brandenburger Bücherkinder haben in einer Reihe von Jahren bisher sieben Bücher vorgelegt. Zuletzt ehrten sie mit dem Text-und-Bild-Band Pax questuosa Anna Seghers und Núria Quevedo. Auch die Pirckheimer unterstützen und fördern das Projekt, dem zu wünschen ist, dass es in diesen taumelnden Zeiten landesweit Schule machen möge, seit langem. Über den Sommer wird Armin Schubert die neu entstandenen Texte sichten und lektorieren, im kommenden Herbst wird dann entschieden, was an Bildern noch dafür gebraucht wird. Eine gute Nachricht gibt es schon im Voraus: der Berliner Künstler Helge Leiberg steuert ein originales Werk für die kommenden Unternehmungen der Bücherkinder bei. Wohl dem!

(André Schinkel)

Und ich kann nur bestätigen: Kunst und Poesie verändern die Welt

Eine gute Widmung Fühmanns für Arnim Schubert.

1996 hatte ich Gesangsunterricht in Eppelheim bei Heidelberg bei Ingeborg Boll, einer Schülerin der Starsopranistin Erika Köth. Damals versuchte ich mich am Zwielicht, mit Spaß, aber ohne viel Erfolg. Aber ich folgte den Spuren von Eichendorffs bis nach Schwetzingen.

Bei einem der letzten Auftritte Preys im Schwetzinger Schloss durfte ich über meinen Musiklehrer Werner Boll mit dabei sein.

Der Autor mit Anastasia im Eichendorff-Museum bei Heidelberg

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