Aus dem Refugium zur Kubakrise

Porträt von Albert Einstein in Caputh. Foto: Frank Bürger

Berlin. In Caputh bei Potsdam bewohnte Albert Einstein sein Refugium. Es gab Treffen auf dem Weg zur Kuba-Krise.

Von Frank Bürger

Es ist schwer dort ein Parkplatz zu finden. Niemand vermutet in Caputh einen Flecken Weltluft.

Albert Einstein war sein Leben lang nirgends richtig zu Haus. Zwei Mal gab er die Staatsbürgerschaft seines Geburtslandes Deutschland auf, zuerst 1896 und dann wieder 1933. Zeitlebens besaß er einen Schweizer Pass, verließ das Land jedoch nach fünfzehn Jahren und fast ebenso vielen Adressen für immer. Als er 1911 in Prag unterrichtete, war er für kurze Zeit Bürger der K.u.k.-Monarchie Österreich-Ungarns. Und als er schließlich 1940 einen Eid auf die Amerikanische Verfassung ablegte, blieb er dort doch ein intellektueller Flüchtling, der sich in der englischen Sprache nie heimisch fühlte. Einstein nannte sich selbst einen Wandervogel. Er war – ob freiwillig oder nicht – immer auf der Suche nach einer neuen Zuflucht.

Nur ein einziges Mal versuchte Einstein, sich ein eigenes Nest zu bauen. Hätten ihn die politischen Umstände nicht zur Flucht gezwungen, wäre er gewiss auch dort geblieben. Er nannte sein Haus in Caputh ein Paradies, sein „Häusle“, einen Ort, an dem man, wie er es ausdrückte, auf die Welt pfeifen könne. Obwohl der Bau ursprünglich als Sommerhaus konzipiert worden war, lebte Einstein dort bis auf die kältesten Monate fast das ganze Jahr über. Von April bis November verließ er Caputh nur, um an Vorträgen teilzunehmen oder öffentlich aufzutreten. Einstein hat oft gesagt – und Freunde und die Mitglieder seiner Familie haben dies oft bestätigt -, dass er sich nie wohler und entspannter gefühlt habe als dort auf dem Land.

In der Caputher Seenlandschaft südwestlich von Berlin konnte er der Hektik der Großstadt entfliehen. Hier konnte er segeln, lange, einsame Spaziergänge durch die Wälder machen – und überhaupt den lästigen gesellschaftlichen Konventionen entkommen. Gäste, die an die Formalitäten der Preußischen Akademie der Wissenschaften gewöhnt waren (die Mitglieder sprachen sich dort mit „Eure Exzellenz“ an), zeigten sich oft überrascht, in Caputh von einem Einstein mit nackten Füßen und freiem Oberkörper begrüßt zu werden. Als ihn seine Frau einmal darum bat, sich vor der Ankunft einer Delegation von Würdenträgern umzuziehen, antwortete Einstein: „Wenn sie mich sehen wollen, bin ich da. Wenn sie meine Kleider betrachten wollen, öffne ich den Kleiderschrank.“ Das Einzige, was seinem Paradies fehle, so erzählte er einem Freund, sei ein Erzengel, dessen glühendes Schwert unerwünschte Besucher vertreibe. Wenn er schon auf diesen himmlischen Torhüter verzichten musste, so wollte er zumindest auch ohne Telefon leben. Die Leute kamen trotzdem.

Nicht alle Besucher waren Einstein jedoch unerwünscht. Regelmäßig lud er Wissenschaftler, politische Aktivisten, Schriftsteller, Philosophen, Journalisten und Künstler zu sich nach Caputh ein. Viele von ihnen waren enge Freunde. Die Atmosphäre mag dort heiter und ungezwungen gewesen sein, was man besprach, war deshalb keineswegs oberflächlich. Die Quantentheorie gehörte ebenso zu den Themen wie Fragen der Religion und der Politik, insbesondere die Gefahren von Krieg und Rassismus sowie die Probleme des Zionismus. Die Diskussionen in Einsteins Haus waren interdisziplinär avant la lettre und politisch scharfsichtig, und standen so Modell für das, was mit der Gründung des Einstein Forums sechzig Jahre später wieder aufleben sollte.

m Jahre 1931 schickte Einstein seinem Sohn Eduard eine Einladung nach Caputh in der Form eines Vierzeilers:

Sei ein gutes faules Tier,

Streck alle Viere weit von Dir.

Komm nach Caputh, pfeif auf die Welt,

Und auf Papa, wenn Dirs gefällt.

Mag so mancher in Caputh dieses Lob der Faulheit gesungen haben, Einstein nahm es sicherlich nicht ernst. Der Einzelgänger, der aufs Land geflüchtet war, hörte nie auf, sich mit gesellschaftlichen und politische Fragen zu beschäftigen. Wenn überhaupt, so intensivierte sich seine Auseinandersetzung mit diesen Fragen eher noch. Während Einstein seine pazifistischen Überzeugungen bereits 1914 demonstriert hatte – als einer von nur vier Berliner Intellektuellen unterzeichnete er einen Appell, der Deutschlands Rolle im Ersten Weltkrieg kritisierte -, so sprach er sich während seiner Caputher Jahre noch stärker gegen den Krieg aus und rief die Bürger auf, den Militärdienst sogar in Friedenszeiten zu verweigern. Wann immer ein junger Kriegsdienstverweigerer vor Gericht erscheinen musste, erhob Einstein seine Stimme und schrieb an Minister und Militärgerichte. Als es im Spätsommer 1929 in Jerusalem vermehrt zu Angriffen von Arabern auf Juden kam, verurteilte Einstein die Vorfälle, plädierte aber auch für eine friedliche Lösung und protestierte gegen die Todesurteile, die die englischen Behörden verhängt hatten. – Ohne friedliche Zusammenarbeit,“ so schrieb er an Chaim Weizmann, den Präsidenten der Zionistischen Weltorganisation und späteren ersten Präsidenten des Staates Israel, hätten „wir absolut nichts aus unseren 2000 Jahren des Leidens gelernt.“

Von Caputh aus korrespondierte Einstein mit bedeutenden Politikern und Denkern in aller Welt, darunter Mahatma Gandhi, den er in seinem gewaltlosen Widerstand unterstützte, und Sigmund Freud, mit dem er seinen berühmten Dialog über den Frieden von hier aus führte. Für Einstein hing der Frieden von der Ausweitung internationaler Zusammenarbeit ab, vom „bedingungslosen Verzicht der Staaten auf einen Teil ihrer Handlungsfreiheit beziehungsweise Souveränität.“ Im Sommer 1930 hielt Einstein eine Rede, der Millionen von Radiohörern lauschten und in der er seine Hoffnung zum Ausdruck brachte, dass die Fähigkeiten des neuen Mediums, politische Grenzen zu überwinden, eines Tages Nationen miteinander versöhnen könnte.

Als die Nazis im September desselben Jahres Deutschlands zweitstärkste politische Partei wurden, indem sie sich 107 Sitze im Reichstag sicherten, erklärte Einstein ihren Sieg zu einer „Kinderkrankheit der Republik“. Als sich die Lage in den  nächsten zwei Jahre jedoch deutlich verschlechterte, erkannte er, dass diese Krankheit so schnell nicht zu kurieren sein würde. Einstein schloss sich daraufhin der politischen Linken an, auch wenn er seine Bedenken gegen den Kommunismus hatte. Er unterzeichnete Aufrufe der Roten Arbeiterhilfe und hielt auf Bitten der Schriftstellerin Anna Seghers einen Vortrag an der Marxistischen Arbeiterschule: „Was der Arbeiter von der Relativitätstheorie wissen muß“. 1932 besuchten ihn Heinrich Mann und Käthe Kollwitz in Caputh und baten ihn, ein Manifest mit zu unterzeichnen, das Gewerkschaftsführer, Sozialdemokraten und Kommunisten zum gemeinsamen Kampf gegen den Nationalsozialismus aufrief. Mann und Kollwitz wussten, dass es keine andere öffentliche Persönlichkeit der Weimarer Republik gab, deren Name ihrer Sache größeres Gewicht verleihen konnte.

Einsteins politisches Engagement beschränkte sich aber nicht auf seinen Kampf gegen Militarismus und Faschismus. Allein im Sommer 1931 setzte er sich in vier Fällen öffentlich für die Gerechtigkeit ein: Er verbündete sich mit einer internationalen Gruppe zur Unterstützung von acht schwarzen Jugendlichen aus Alabama, die zum Tode verurteilt worden waren, weil sie angeblich zwei Frauen vergewaltigt haben sollten, obwohl Zeugenaussagen diesen Vorwurf widerlegten; er appellierte beim Gouverneur von Kalifornien für die Freilassung von Tom Mooney, einem Arbeiteraktivisten, der wegen eines Meineids zu lebenslänglicher Haft verurteilt worden war; er protestierte gegen die Versuche rechtsgerichteter Studenten, in Berlin einen pazifistischen Professor absetzen zu lassen; und er schrieb zusammen mit Heinrich Mann einen Brief an die New York Times, in dem er den serbischen König Alexander I. beschuldigte, die Ermordung eines prominenten kroatischen Intellektuellen mitorganisiert zu haben.

Neben der Vita activa führte Einstein aber auch noch seine Vita contemplativa fort. Zum einen war da die Physik. Hier sind neben acht theoretischen Schriften (hauptsächlich Versuche, kausale Zusammenhänge im scheinbaren Durcheinander der Quantenphänomene zu finden), auch Festschriften über Johannes Kepler und James Clark Maxwell entstanden, hier traf er sich mit Freunden und Kollegen von der Preußischen Akademie der Wissenschaften, von denen viele Nobelpreisträger der Physik oder Chemie waren oder später noch wurden. Zum anderen waren da die Künste und die Philosophie. Einsteins Interesse beschränkte sich nie allein auf die Physik, doch in Caputh wagte er sich auf noch entferntere Gebiete als zuvor. Der Maler Max Liebermann, der Kritiker Alfred Kerr, der Dirigent Erich Kleiber und der Schriftsteller Arnold Zweig – alle besuchten ihn in Caputh. Im Sommer 1930 empfing Einstein den Nobelpreisträger für Literatur Rabindranath Tagore, mit dem er über das Verhältnis von westlicher und östlicher Musik sprach. Und natürlich spielte er hier auch auf seiner Geige. In Caputh begann Einstein außerdem, sich zu Fragen der Religion und Philosophie zu äußern. Einer seiner Artikel für das New York Times Magazine beschäftigte sich mit unterschiedlichen religiösen Erfahrungen. 1932 bat ihn die Deutsche Liga für Menschenrechte, eine Schallplattenaufnahme von einem seiner Artikel zu machen: „Wie ich die Welt sehe.“ Das Essay ist zwar nur zwei Seiten lang, doch keine seiner Schriften gibt besser Auskunft über das breite Spektrum seiner philosophischen und politischen Ansichten – von seinem Glauben an den Determinismus bis zu seinem Einsatz für den Einzelnen, von seiner Sympathie für die Sozialdemokratie auf der weltlichen Ebene bis zum Pantheismus auf der spirituellen. Ein Abschnitt verdeutlicht besonders gut, wie sehr das Leben in Caputh Einsteins Weltanschauung entsprach:

Mein leidenschaftlicher Sinn für soziale Gerechtigkeit stand stets in einem eigentümlichen Gegensatz zu einem ausgesprochenen Mangel an unmittelbarem Anschlußbedürfnis an Menschen und an menschliche Gemeinschaften. Ich bin ein richtiger „Einspänner“, der dem Staat, der Heimat, dem Freundeskreis, ja selbst der engeren Familie nie mit ganzem Herzen angehört hat, sondern all diesen Bindungen gegenüber ein nie sich legendes Gefühl der Fremdheit und des Bedürfnisses nach Einsamkeit empfunden hat …

Als Hindenburg nach dem Reichstagsbrand am 28. Februar 1933 die politischen und bürgerlichen Grundrechte außer Kraft setzte, zögerte Einstein nicht länger. In einem Land ohne Bürgerrechte, ohne Toleranz und ohne Gleichheit aller vor dem Gesetz wollte er nicht leben. Falls es noch weiterer Argumente bedurft hätte, so erhielt er sie, als er sich in New York wieder nach Europa einschiffen wollte. Das Schiffsradio meldete, dass die Nazis eine Razzia in Einsteins Haus in Caputh durchgeführt hätten – auf der Suche nach einem Waffenlager, das angeblich von russischen Agitatoren dort versteckt worden war.. Der Bericht stellte sich später als falsch heraus, doch Einsteins erste Reaktion darauf ist bemerkenswert: „Mein Sommerhaus wurde in der Vergangenheit oft durch die Anwesenheit von Gästen geehrt. Sie waren alle willkommen. Keiner hatte einen Grund einzubrechen.“

Bei seiner Ankunft am 28. März in Antwerpen, gab Einstein umgehend seine deutsche Staatsbürgerschaft auf. In seiner Austrittserklärung an die Preußische Akademie der Wissenschaften versicherte er der Institution seine Dankbarkeit und ihren Mitgliedern seine Zuneigung, bemerkte jedoch, dass er „die durch [s]eine Stellung bedingte Abhängigkeit von der Preußischen Regierung … unter den gegenwärtigen Umständen als untragbar“ empfinde. Leider antwortete die Akademie nicht mit dem gleichen Taktgefühl. Am 1. April, dem ersten Tag des landesweiten „Judenboykotts“, ließ die Akademie mitteilen, dass es keinen Grund gebe, den Austritt Einsteins, der an „der Greuelhetze“ im Ausland teilgenommen habe, zu bedauern.

Im August erzählte er einem Kollegen, dass er sein Geburtsland wohl nicht wiedersehen werde. Er sollte Recht behalten.

Quelle: Einsteinhaus Caputh

Einer der Besucher war der Schriftsteller Heinrich Mann.

Luiz Heinrich Mann (* 27. März 1871 in Lübeck; † 11. März 1950 in Santa Monica, Kalifornien) war ein deutscher Schriftsteller aus der Familie Mann. Er war der ältere Bruder von Thomas Mann, dessen Popularität seit den 1920er Jahren weiter zunahm und Heinrichs frühere Erfolge noch heute überstrahlt. Hier der dazugehörige Trailer des Ufa-Films aus dem Jahre 1930 nach dem Roman „Der Untertan“

Ab 1930 war Mann Präsident der Sektion für Dichtkunst der Preußischen Akademie der Künste, aus der er 1933 nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten ausgeschlossen wurde. Mann, der bis dahin meist in München gelebt hatte, emigrierte zunächst nach Frankreich, dann in die USA. Im Exil verfasste er zahlreiche Arbeiten, darunter viele antifaschistische Texte.

Einer der Besucher war Max Planck

Max Karl Ernst Ludwig Planck (* 23. April 1858 in Kiel, Herzogtum Holstein; † 4. Oktober 1947 in Göttingen) war ein deutscher Physiker auf dem Gebiet der theoretischen Physik. Er gilt als Begründer der Quantenphysik. Für die Entdeckung einer später nach ihm benannten Konstanten in einer physikalischen Grundgleichung, des Planckschen Wirkungsquantums, erhielt er 1919 den Nobelpreis für Physik des Jahres 1918.[1]

Nach dem Studium in München und Berlin folgte Planck 1885 zunächst einem Ruf nach Kiel, 1889 wechselte er nach Berlin. Dort beschäftigte sich Planck mit der Strahlung Schwarzer Körper und konnte 1900 eine Formel – die später nach ihm benannte Plancksche Strahlungsformel – präsentieren, die diese Strahlung erstmals korrekt beschrieb. Damit legte er den Grundstein für die moderne Quantenphysik.

1905 las Planck die Abhandlung Zur Elektrodynamik bewegter Körper des damals noch unbekannten Albert Einstein und widmete sich in den folgenden Jahren intensiv der darin eingeführten speziellen Relativitätstheorie. Planck war entscheidend daran beteiligt, dass Einsteins Arbeit die nötige Aufmerksamkeit erfuhr. Schon im März 1906 hielt er in Berlin einen Vortrag vor der Physikalischen Gesellschaft und stand in Briefkontakt mit Einstein, der zu dieser Zeit noch in Bern lebte.

Aufmerksam verfolgte Einstein von den USA aus, das was in der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft geschah.

Die Kernspaltung wurde im Dezember 1938 am KWI für Chemie entdeckt. Otto Hahn und sein Mitarbeiter Fritz Straßmann bestrahlten Uran mit Neutronen und stellten dabei fest, dass offenbar auch Spaltprodukte wie Barium entstanden waren. Die kernphysikalische Erklärung lieferten Lise Meitner und ihr Neffe Otto Frisch Anfang Januar 1939. Meitner war als österreichische Jüdin aus Deutschland im Sommer 1938 emigriert, stand aber mit Hahn aus dem schwedischen Exil in enger schriftlicher Verbindung.

Den Ausgangspunkt der Entdeckung bildeten Versuche von Enrico Fermi, der u.a. 1934 Uran mit Neutronen bestrahlt hatte. In jahrelanger Arbeit versuchten Hahn, Meitner und Straßmann, die dabei beobachteten Vorgänge aufzuklären. Sie nahmen an, dass bei der Bestrahlung schwerere Elemente als Uran – die sogenannte Transurane – entstehen. Am 19. Dezember 1938 kam es zu einem unerwarteten Ergebnis: Hahn und Straßmann wiesen mit Hilfe spezieller chemischer Trenn- und Analysenverfahren nach, dass es sich bei den beobachteten Reaktionsprodukten um radioaktive Bariumisotope handelte; es kam bei den Versuchen offenbar zu einem – wie es Hahn formulierte – „Zerplatzen“ des Atomkerns, das sich die Chemiker theoretisch nicht erklären konnten, zumal dieses „Zerplatzen“ im Widerspruch zu allen bisherigen physikalischen Erfahrungen stand.

Meitner und Frisch erkannten, dass sich nach dem bereits bekannten Tröpfchenmodell der Urankern als elektrisch geladener Flüssigkeitstropfen beschreiben ließ. Er wurde durch das Einfangen des Neutrons so in Schwingungen versetzt, dass er sich in zwei annähernd gleich große Fragmente teilte, wobei eine hohe Energie freigesetzt wurde. Frisch gab der bisher unbekannten Kernreaktion den Namen „nuclear fission“ (Kernspaltung), der sich schnell international durchsetzte.

Der Chemiker Otto Hahn, ein Schüler von Ernst Rutherford, war 1906 nach Berlin gekommen und hatte im Universitätsinstitut von Emil Fischer eine Arbeitsstelle gefunden. Fischer sorgte auch dafür, dass er im neugegründeten KWI für Chemie die Leitung der Abteilung Radioaktivität übernahm. 1919 erfolgte eine gewisse Aufteilung: die Unterabteilung Radiophysik leitete nun Lise Meitner, während Otto Hahn die radiochemische Unterabteilung leitete – man sprach weiterhin von der Abteilung Hahn/Meitner.

1928 wurde Hahn zum Direktor des Instituts berufen und leitete es bis 1946.

Seine Arbeiten aber auch private Termine notierte Hahn in Notizbüchern. Am Tag der Entdeckung der Kernspaltung, den 19. Dezember 1938 hat er folgende Worte notiert:

19 Montag

Bosch wegen Wohnung!

La-Ac-Fraktionen!

Hörlein

Gemeint ist vermutlich Carl Bosch, damals Präsident der KWG und Heinrich Hörlein, damals Schatzmeister des Instituts.

Der Autor vor der Bosch-Villa in Heidelberg

Über die chemische Bedeutung ihrer Ergebnisse waren sich Hahn und Straßmann durchaus bewusst, denn sie reichten ihre Ergebnisse bereits am 22. Dezember zur Veröffentlichung ein. Publiziert wurden sie in der Zeitschrift „Die Naturwissenschaften“ am 6. Januar 1939. Die physikalische Erklärung lieferten Meitner und Frisch in einem Manuskript an „Nature“ Mitte Januar 1939, das am 11. Februar 1939 veröffentlicht wurde.

Die Veröffentlichungen lösten eine außerordentliche Resonanz unter den Naturwissenschaftlern aus, weil die Kernspaltung eine neue Energiequelle von bisher unbekannter Größenordnung erschloss – die Kernenergie.

Es war der Weg zur Atombombe, der Weg zu Hiroshima und Nagasaki

Ein Besuch am Hiroshima-Nagasaki-Platz in der Villenkolonie Neubabelsberg lässt einen demütig das Haupt senken vor einem der Tiefpunkte des vergangenen Jahrhunderts. Zu Recht wandte sich der Musiker, Theologe und Mediziner Albert Schweitzer gegen Versuchsexplosionen in der Atmosphäre.

Am 23. April 1957, strahlten Radio Oslo, die Rundfunkstation in der Stadt des Friedensnobelpreises, und etwa 150 angeschlossene Stationen in 50 Staaten einen von Albert Schweitzer verfassten „Appell an die Menschheit“ aus.

Erst 1954, nach dem Beginn der Wasserstoffbombenversuche in der Atmosphäre mit dem BRAVO-Test auf dem pazifischen Bikini-Atoll am 1. März 1954, begann er eine intensive Beschäftigung mit den wissenschaftlichen und politischen Aspekten der atomaren Tests und Bewaffnung. Verschiedene Ereignisse und Begegnungen der Jahre 1954 bis 1957 führten Schweitzer dazu, seine bisherige Zurückhaltung aufzugeben und seine Ablehnung der Atomrüstung öffentlich zu machen. Dazu gehörten insbesondere: die von ihm als Verpflichtung empfundene Verleihung des Friedensnobelpreises für das Jahr 1952 im Oktober 1953; der Tod des Freundes Albert Einstein, der tief verzweifelt war über die von ihm mit heraufbeschworene atomare Gefahr, am 18. April 1955.

Im „Appell an die Menschheit“  analysierte Schweitzer als Arzt nüchtern die medizinisch-biologischen Folgen von Kernexplosionen und rief dazu auf, die damit verbundene zunehmende Gefährdung der Menschheit durch Fortsetzung der Versuchsexplosionen unter allen Umständen zu verhindern. Nur eine gemeinsame öffentliche Meinung der Völker könne den Verzicht auf die Versuchsexplosionen durchsetzen: „Eine öffentliche Meinung dieser Art bedarf zu ihrer Kundgebung keiner Abstimmung und keiner Kommissionsbildung. Sie wirkt durch ihr Vorhandensein. Kommt es zur Einstellung der Versuche mit Atombomben, so ist dies die Morgendämmerung des Aufgehens der Sonne der Hoffnung, auf die unsere arme Menschheit ausschaut.“

Welchen Einfluss Albert Einstein auf den Entwickler der ersten Atombombe Robert Oppenheimer hatte, zeigt der gleichnamige Kinostreifen.

Die Kubakrise (in der Sowjetunion und im Sprachgebrauch der DDR auch als Karibische Krise, auf Kuba später als Oktoberkrise bezeichnet) im Oktober 1962 war eine Konfrontation zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion, die sich aus der Stationierung sowjetischer Mittelstreckenraketen auf Kuba im Rahmen des nuklearen Wettrüstens entwickelte.

Es war das Wachrütteln, was der Appell an die Menschlichkeit“ verhindern sollte und wollte.

Die eigentliche Krise dauerte dreizehn Tage. Ihr folgte eine Neuordnung der internationalen Beziehungen. Mit der Kubakrise erreichte der Kalte Krieg eine neue Dimension. Beide Supermächte kamen während dieser Krise einer direkten militärischen Konfrontation und somit einem möglichen Atomkrieg am nächsten. Erstmals wurden daraufhin dessen ungeheure Gefahren einer breiten Öffentlichkeit bewusst.

Sieht man auf das Säbelrasseln der Atommächte in unserer Zeit ist das Erinnern wichtiger denn je: An den „Appell an die Menschlichkeit“

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