
Freiburg. Das Abendmahl, ist es ein Fest der Einheit oder ein Zankapfel des ökumenischen Streits?
Von Prälat i.R. Prof. Dr. Traugott Schächtele und Frank Bürger
Das Abendmahlsverständnis verschiedener Konfessionen beschäftigt die Deutsch-Polnischen Nachrichten nach der Osterfestfeier im russisch-orthodoxen Kloster in Götschendorf (Uckermark) sehr. Deshalb haben wir eine Anfrage an Prälat i.R. Prof. Dr. Traugott Schächtele gestellt, mit dem wir eng verbunden sind.
Im Blick auf das Abendmahl gibt es viele Fragen!
- Warum sind die Namen unterschiedlich?
- Wie oft wird es gefeiert?
- Wer ist eingeladen?
- Wer darf das Abendmahl leiten? Wer darf mitwirken?
- Müssen die Leitenden Liturgen einen Talar tragen?
- Hat das Abendmahl in allen Kirchen dieselbe Bedeutung?
- Was wird im Abendmahl eigentlich gefeiert?
- Warum ist das Abendmahl ein Sakrament? Was ist ein Sakrament?
In sieben Thesen möchte ich einige dieser Fragen beantworten!
1. In der evangelischen Tradition sprechen wir vom Abendmahl, in der römisch-katholischen und orthodoxen Tradition wird die Eucharistie gefeiert. Der evangelische Name erinnert – sehr nüchtern – an den Ursprung im letzten Mahl Jesu mit seinen Jüngern. Eucharistie als Fest der Danksagung nimmt im Wort den Freudencharakter dieses Festes der vorweggenommenen himmlischen Gemeinschaft mit Gott und untereinander auf. Was als Mahl der Gemeinschaft gemeint ist, ist in der Realität der Kirchen leider viel zu oft ein theologischer Zankapfel und die Sichtbarmachung der Tatsache, dass Jesu Wunsch, „dass sie alle eins seien“ (Johannes 17,21) von seiner Realisierung weit entfernt ist.
2. Sowohl für die orthodoxen Kirchen als auch für die römisch-katholische Kirche kann es eine gemeinsame Feier der Eucharistie erst dann geben, wenn zuvor die Einheit der Kirchen hergestellt ist. In der evangelischen Tradition dagegen kann gerade der Vollzug der gemeinsamen Feier des Abendmahls dazu verhelfen, diese Einheit zu befördern und herzustellen. Deshalb laden die evangelischen Kirchen ausdrücklich alle Getauften zur Feier des Abendmahls ein. Die katholischen und die orthodoxen Kirchen gehen davon aus, dass man sich in der Übereinstimmung mit ihrer Lehre befinden muss, wenn man an der gemeinsamen Feier der Eucharistie teilnimmt.
3. In manchen evangelischen Kirchen wird derzeit darüber diskutiert, wie man im Blick auf das Abendmahl mit der Tatsache umgeht, dann wir immer mehr ungetaufte Menschen haben. Man fragt sich: Könnte ein „Gaststatus“ am Tisch des Herrn nicht gerade ein Türöffner in die Kirchen sein? Nach der bisher geltenden Tradition und Lehre ist die Taufe Voraussetzung, um an der Feier des Abendmahls teilzunehmen.
4. Die vatikanische Erklärung „Dominus Iesus“ aus dem Jahr 2000 weist ausdrücklich darauf hin, dass alle drei großen Kirchentraditionen (evangelisch, römisch-katholisch und orthodox) nur im Blick auf die Taufe ein gemeinsames Grundverständnis haben, während die katholische und orthodoxe Kirche auch durch ein gemeinsames Verständnis der Eucharistie miteinander verbunden sind. Deshalb seien auch nur diese beiden wirklich Kirche, während die evangelischen Kirchen „nur“ als kirchliche Gemeinschaften charakterisiert werden. Unterschieden seien diese beiden Kirchen aber im Blick auf die Bedeutung des Papstamtes, das für die römisch-katholische Kirche zentral ist. Die offiziellen ökumenischen Bestrebungen des Vatikans sind deshalb auch deutlich stärker auf die Orthodoxen ausgerichtet als auf die Protestanten. Hier scheint der Weg zur Einheit deutlich kürzer.
5. Unterschiede gibt es auch im Blick auf die Deutung der Elemente des Abendmahls, also Brot und Wein. Sind sie ein Hinweis auf Leib und Blut Jesu Christi (evangelisch), deren Abbild im Glauben und im Vollzug der Feier oder werden sie beim Abendmahl ganz konkret verwandelt (katholische „Wandlung“). Eine Brücke im Verstehen könnte sein, dass Brot und Wein ihre Bedeutung ändern, weil die Mitfeiernden in ihnen auch noch etwas anderes sehen als das, was wir vor Augen haben
6. Dennoch liegt der eigentliche theologische „Knackpunkt“ in den verschiedenen Ämterlehren und in den verschiedenen Kirchenbildern. Evangelische Pfarrer (Pfarrerinnen dürfte es nach Ansicht der beiden anderen Kirchen ohnedies nicht geben) sind zwar ordiniert und berufen, aber sie stehen nicht in der Kette der bischöflichen Handauflegungen (apostolische Sukzession). Sie sind deshalb nicht wirklich geweihte Priester und darum auch gar nicht befugt, die Feier der Eucharistie zu leiten. Was wie ein Defizit wirkt, ist eigentlich gerade die Stärke des protestantischen Kirchenbildes. Es gibt evangelischerseits keine abgegrenzte priesterliche Gruppe, keinen Klerus, sondern „alle, die aus der Taufe gekrochen sind, sind schon zu Priestern, Bischöfen und sogar zum Papst geweiht“ (Luther).
7. Erfreulich ist, dass es in allen Kirchen unterschiedlich große und starke Gruppen gibt, denen mehr an der Einheit der Kirche als am Rechthaben im Blick auf Traditionen früherer Jahrhunderte gelegen ist. Schließlich ist die Einheit der Kirche die große gemeinsame Zukunftsaufgabe. Wenn wir uns darauf verständigen, dass der Einladende in allen Kirchen Christus selber ist (und das eben nicht die Amtsträger der Kirchen sind), ist das größte Hindernis zur Erreichung der Einheit womöglich aus dem Weg geräumt. Geduldig werden wir aber fürs Erste bleiben müssen.

Der Götschendorfer Abt Daniil Irbits will im Hinblick darauf und ökumenische Messfeiern auch weiter Gespräche führen. Zeichen der Verbundenheit zeigte so auch die Teilnahme des Politikers Markus Meckel und von Frank Bürger am Ostergottesdienst in Götschendorf. Hier wurde auch die Zweitauflage des Buches zum Kloster präsentiert, das unter dem Dach des Klotz-Verlagshauses in Bauschlott bei Pforzheim erschienen ist. Die Pfarrer des evangelischen Kirchenkreises Spandau unter Leitung von Superintendent Florian Kunz werden in den Pforzheimer Kirchenkreis zum Austausch im Sommer eine Reise antreten.

