
Berlin. Nach der Präsentation des Films „Einer von uns“ gab es am Sonntag in der Evangelischen Weihnachtskirche eine mehr als einstündige Diskussion über den Rassismus in Deutschland und auch in Spandau. Unter den Teilnehmern Dr. Carola Brückner, Stellv. Bürgermeisterin, Stadträtin für Bildung, Kultur, Sport und Facility Management.
Von Frank Bürger
„Die Gewalt in der Gesellschaft nimmt zu“, so eine Feststellung von Dr. Carola Brückner, Stellv. Bürgermeisterin, Stadträtin für Bildung, Kultur, Sport und Facility Management. Mehr als eine Stunde diskutierten Veranstaltungsteilnehmer in der Evangelischen Weihnachtskirche am vergangenen Sonntag. Mit Aktionsbündnissen, aber auch durch die sofortige Einbeziehung von Behörden und Polizei seien in Spandau bei Beteiligung von verschiedenen gesellschaftlichen Playern die Weichen für mehr Respekt und Toleranz an Schulen, Jugendeinrichtungen und auf der Straße gestellt.
Initiatoren des Films „Einer von uns“ trafen sich 13 Jahren nach seiner Entstehung. Auch hier das Fazit: Der Ausstieg von Kevin Müller aus der Nazi-Szene ist gelungen. Er hat, wie es im Film auch zur Sprache kam, beruflich mit Pferden zu tun. Das Reiten war von Jugend an sein großes Hobby.
Die Geschichte des Films ist eine besondere. Vor der Premiere des 45-minütigen Dokumentarfilms „Einer von uns“ an den Uckermärkischen Bühnen Schwedt gab es im Internet Morddrohungen gegen den Protagonisten Kevin Müller.
„Wir werden dich und deine Freundin umbringen“, diese Mailnachricht bekam er aus der Rechten Szene. Im Rahmen des Aussteigerprogramms „Exit“ wurde der 22-jährige Uckermärker zu seinem Schutz in einem Berliner Hotel untergebracht.
Die Morddrohung, aber auch die Tatsache, dass Kevin Müller heute ein lange erhofftes Praktikum in einem Seniorenheim beginnen konnte – das ihm die Chance auf eine Ausbildung und damit auf eine Reintegration in die Gesellschaft bietet – sind die Gründe dafür, dass er nicht zur Erstaufführung des Films erscheinen wollte. Die ursprünglich geplante Gesprächsrunde im Anschluss an den Film musste somit leider ausfallen. Auch heute ist es besser, wenn Kevin Müller nicht persönlich ins Rampenlicht rückt. Deshalb hat er uns ein Video geschickt.
Unter den Besuchern waren damals auch „Rechte“ auszumachen. So trug einer von ihnen eine „Thor Steinar“ Jacke. Das in Zeesen (Dahme-Spreewald) ansässige Unternehmen Mediatex GmbH produziert die bei Rechtsextremisten hoch im Kurs stehende Marke „Thor Steinar“. Das Sortiment der Firma Mediatex kann als Bedienung völkischer Symbolik in Farbgebung und Schrifttyp – etwa durch das Verwenden von Tarnfarben und -mustern oder gedruckten Schriftzügen in Runenschrift – verstanden werden. Auch gibt es Bekleidungsstücke mit militärischen Reminiszenzen. Das Tragen von „Thor Steinar“ dient als identitätsstiftendes Erkennungszeichen unter Rechtsextremisten.
Das spielt auch im Film eine Rolle.
Aber mit dabei Lothar Priewe, der sich auch heute noch im Kampf gegen Rechts in der Uckermark und im Barnim engagiert und deutlich auf die Gefahr, die von der AFD ausgeht, hinweist.
Unter den Gästen befand sich auch die Berlinerin Irmela Mensah-Schramm. Seit Jahrzehnten kämpft Irmela Mensah-Schramm international gegen Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Sie ist bekannt geworden durch ihr 1986 begonnenes Dokumentieren und das konsequente Entfernen von rassistischen und antisemitischen Aufklebern und Graffiti im Stadtgebiet von Berlin. Nach der Wende weitete sie ihre Beseitigung dieser Parolen auch auf andere Bundesländer aus. Mit mehrere 100 Ausstellungen zum Thema „Hass vernichtet“ und vielen Unterrichtsbesuchen dokumentiert sie ihre Arbeit. Sie brachte Beispiele der Akzeptanz und der Ablehnung ihrer Arbeit
Für ihr Engagement wurde sie 2005 mit dem Erich-Kästner-Preis des Presseclubs Dresden ausgezeichnet. Andere Preisträger sind der ehemalige Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher, Ex-Bundespräsident Richard von Weizsäcker oder die verstorbene Herausgeberin der „Zeit“, Dr. Marion Gräfin Dönhoff.
Gemeinsam mit dem Verein Polnisch-Deutsche Standortentwicklung organisierte Irmela Mensah-Schramm einen „Schweigemarsch“ gegen rechte Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus in Schwedt.
Die Uckermärkischen Bühnen Schwedt beschäftigten sich mit dem Thema und brachten ein Stück zu dem Thema in Kooperation mit Irmela Mensah-Schramm, Lothar Priewe und Kevin Müller auf die Bühne.
